FSA-Pokal und dieser Dauergesang

 

Wetter sommerlich. Stadion voll. Draussen an der „Käseglocke“ spricht mich einer auf meine Tasche an, Aufschrift: ´14 – 38. Tage der deutschsprachigen Literatur. Auf die Frage, wer ich sei, antworte ich wahrheitsgemäß: Stadtschreiber zu Magdeburg. He, sagt er prompt, ihr von der Presse, ja, immer schön bei der Sache bleiben, nicht lügen, ja, nicht übertreiben. Der hält mich echt für einen, dem man das Wort „Lügenpresse“ an den Kopf knallen muss. Kommt aus Wolfsburg. Nun ja. Nun nein. Irgendwann lügt, wer einen Stift zur Hand nimmt, einen Einkaufszettel schreibt.

Ich sitze Block 10, Reihe 24, Platz 21 von der Sonne beschienen. Am Ende Pech für Magdeburg. Elfmeterschießen muss bei Pokal immer und immer wieder trainiert werden, bis das sitzt, sonst haste eben weniger Chancen.

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Das Beste aber kommt ja immer danach. In der Strassenbahn zieht einer die Notbremse. Die Bahn steht. Der Fahrer steigt aus, legt den Schalter zurück. Fertig. Darf aber nicht weiterfahren. Zwei Wannen unter Blaulicht stellen sich auf die Gleise vor der Bahn. Alle Leute steigen aus. Nachfolgende Bahnen kommen nicht weiter. Tausende auf der Straße. Davon träumen Protestaktionen. Autos können nicht weiter Ruhiger Rückzug. Manche fotografieren die Masse hinter sich.

Übrigens diese GESANGSMODE im Stadion: Die sind auf Dauer nicht nur nervend, sie beherrschen einfach viel zu sehr das Rund, lähmen jede andere Zuschauerreaktion, singen tausende andere Fans nieder. Es ist wie Dauerradio. Man kann es nicht abstellen. In wirklich wichtigen Phasen, wenn die Mannschaft hätte statt Gesang absolute Unterstützung gebraucht, übertönen die Gesänge alle anderen Zuschauer. Und dieser Dauergesang befasst sich echt nicht mit dem aktuellen Spielgeschehen auf dem Platz, sondern immer nur mit dem Gesang im Gästeblock gegenüber. Fussballspiel erleben ist nicht. Ist Sängerwettstreit wie unter Amseln. Und diese Vögelchen reagieren immer nur auf die Gesänge der anderen Pfeifen. Man macht dadurch die Gesänge der Gegner wichtiger als die Begeisterung fürs Spiel. Zum Beispiel wird mehrmals aus dem Nichts gefordert: Alle sollen aufstehen und damit für die Mannschaft sein. Das forderten die Sänger bei dem Pokalspiel fünf Mal an Stellen, wo auf dem Platz wirklich nichts weiter passierte, als Einwurf, Mittelfeldgeplänke, Fehlpass und eine verschossene Ecke.

Diese lauten Sänger, die das Spiel über nichts weiter tun als zu singen und auf den Rängen rhythmisch zu hopsen bis das Stadion wankt, würden sie den Gesang lassen und genauso lautstark das Spiel mitverfolgen, wenn es notut ihre Mannschaft anfeuern, aufpeitschen, beflügeln – ich sage einmal so: Magdeburg hätte an diesem schönen Vorsommertag Halle vom Rasen gefegt. So aber trat jeder Magdeburspieler nicht nur gegen den Torwart zum Elfer an, sondern auch noch gegen den Gesang aus den Mäulern der Gäste.

IN DER NACHT RASCH NOCH EINEN BRIEF GESCHRIEBEN, WEIL MICH DIESE KUNST-JURYS SCHON IMMER MÄCHTIG ÄRGERN – ALLES VIEL ZU PERSÖNLICH, WIE ICH JETZT AUCH EINMAL.

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an Peter B…..
hallo Peter, also, wo Du in einer Jury mitmachst, habe ich nie eine Chance. Werde ja nicht einmal Stadtschreiber bei dir in dem gottverlassenen Rh……, deinem Literatenaltersheim, stattdessen son Klaun wie dieser W…. D…., diese Zwitschernase. Komme, wenn Du da in der Jury mitmischst, nicht einmal bei Döblin ins Gespräch und unter. Unschlagbar bist Du. Bist wie dieser Dr. Wohl, der fährt so gern in die Welt und ist stets nur auf ihm gewogene Nasen aus. Ich denke, Du hast es vielleicht noch nicht einmal wahrgenommen: Es ist längst nicht mehr alles Jan F…. und Co auf der gesamtdeutschen Literaturebene angesagt. Jedenfalls muss ich Dir das einmal ganz deutlich stecken, weil ich immer wieder auf Dich reinfalle, deine Freundlichkeit falsch einschätze, wenn wir uns treffen, Dich als meinen Verhinderer auf Deiner Spielwiese wohl nie richtig erkenne. Wenn ich es Dir nicht einmal so von Gesicht zu Gesicht stecke, he, dann denkste weiterhin, Du bist immer noch 1990 und der Osten ist eben erst abgemeldet worden, und Du müsstest DDR-Pflegedienste übernehmen. Schreib mir Bescheid, wobei Du noch so Jury bist – und vergiss mir nicht bekannt zu machen, wann Du nicht mehr Jury bei Döblin u. ä. bist; dann bewerbe ich mich bei Dir eben nicht mehr, dann kann ich alter Mann mich vielleicht unbefleckter bewerben. Ich werde weiter auf Abstand mit Vorsicht zu dir bleiben.

MORGENS ALS MAIL ABGESCHICKT / ZWEITES SCHREIBEN AN DEN ANDEREN „DR. WOHLWOLLEN“ VERFASST / DANACH SOLJANKA GEKOCHT / ÄUSSERST ZUFRIEDEN MIT MIR GEWESEN, ERNSTHAFT / WIR Autoren LASSEN UNS EH SCHON VIEL ZU VIEL vom Literatur-Verwertungs-Betrieb GEFALLEN / UND DIE den bestimmen SIND SO VERLOGEN WIE SIE ES PERSÖNLICH EBEN BRAUCHEN. Der eine möchte viel reisen, der andere trägt halt so gern schicke Klamotten, und alle wollen sie doch nur wichtig sein, sie alle.

Die Reaktion muss nur echt sein, dann kommt sie lustig herrein in meinen neuen Roman.

 

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