Gastauftritt bei Olvenstedt probierts

In den letzten Juni – Wochen habe ich mich von den Welten der Figuren in meinem Romanmanuskript: „ Zerbrechliche Welten/ Gott, ist die Schöpfung schön“ öfter mal wegbegeben und in die unvergleichliche Theaterwelt der „Probierenden Olvenstedter“ locken lassen. Ich hatte das Glück, aufgenommen und ein kleiner Teil von ihnen zu werden.
Nun spiele ich mich selbst in den Aufführungen dieser Kulttruppe als
‚Stadtschreiberin Nele Heyse‘ mit den Mitteln der Schauspielerin Cornelia Heyse.
Dieser Gastauftritt ist gemessen am gigantischen Humoraufkommen des gesamten Abends nur ein kleiner Spaß. Er wird alljährlich neu vergeben und dies mal nun ist er mir geschenkt. Ich durfte etwas zu dem sagen, was eine Stadtschreiberin so macht und habe genau das, was mancher vielleicht vermutet, aber ganz und gar nicht zu meinen Aufgaben gehört, behauptet. Zum Beispiel, dass ich die Baustelle am Hauptbahnhof dokumentiere und deshalb schon Verlängerung meiner Amtszeit auf 2026 beantragt habe. Da 2025 Magdeburg Kulturhauptstadt wird und diese Baustelle in ihrer Faszination dafür noch gehalten werden muss.

Foto © Jens Wolf

Seit 21 Jahren besteht das Format:
„Olvenstedt probiert’s“.
Die Figuren, die Handlung, die pointierten Dialoge sind von dem vielfach ausgezeichneten Magdeburger Autor Dirk Heidicke erdacht und aufgeschrieben. Ich ziehe ganz tief den Hut vor seinem Können!! Er gehört zu den Highlights meiner Begegnungen hier in Magdeburg, obwohl ich bisher nur einen kleineren Teil seines umfangreichen Werks kennenlernen durfte. ( Dieses Stück, in dem ich dabei bin und noch zwei weitere Stücke, jeweils gespielt von Susanne Bard)

Foto © Jens Wolf

Für Magdeburg Kult und inzwischen Legende, will ich dennoch für Außenstehende „Olvenstedt probiert’s“ beschreiben. Hier spielen professionelle Schauspieler, – besondere Könner ihres Handwerks – Laien. Laien, die alljährlich auf ihrem Zeltplatz an der Ehle zusammentreffen und sich ein Stück der Weltliteratur vornehmen, um es mit Hilfe eines Regisseurs zu erarbeiten. Sie kämpfen mit ihren naiven Mitteln um Qualität, nicht nur aus ihrem Selbstverständnis heraus, dem Stoff gerecht zu werden, sie müssen auch, um finanziert zu werden, ein akzeptables Ergebnis abliefern. So wird Frau Doktor Wedel vom Kulturbüro (alljährlich Corina Sowa) zu Gefallen, zum vorrangigen Ziel, denn sie entscheidet, ob ihnen die Förder-Mittel für das erarbeitete Ergebnis bewilligt werden.

Foto © Jens Wolf

Von Beginn an dabei – dieses Formats der freien Kammerspiele , sind die großartigen Kollegen Susanne Bard, die ich schon in zwei ihrer Solostücke begleitet von Jens -Uwe Günther während meiner „Amtszeit“ erleben durfte, der raumgreifende urkomische Barde Michael Günther und die herrlichen Typen Falko Graf und Mike Manhartsberger. Die jüngeren Kollegen Friederike Walter und Michael Magel sind seit einigen Jahren die Zugewinne der Olvenstedter Truppe, wie der Kammerspiele Magdeburg. In diesem Jahr spielte erstmals Michael Ruchter – den Regisseur und Schriftsteller. Für mich eine erfreuliche Wiederbegegnung, da ich ihn schon vor Jahren in Rostock auf der Bühne, damals noch als Anfänger, gesehen hatte. Kevin Schulz – ein langjähriger Freund und Mitarbeiter der freien Kammerspiele, – war wohl erstmals in einer durchgehenden Rolle dabei. Der Regisseur Oliver Breite hat ihn, der schon äußerlich den russischen Menschen per se verkörpert, mit einer besonderen Sprachbehandlung bedacht, was das besserwisserisch nervende seiner humorlosen Figur unterstreicht und für besondere Komik sorgt. Überhaupt, auch den Schauspielkollegen Oliver Breite, mit seinem geschmackvollen stilsicheren Humor hier inszenierend zu erleben war, für mich herzerwärmend. Seine Genauigkeit und Zugewandtheit schafften es, dass in dieser kurzen Zeit ein solches Ergebnis auf der Bühne zum leuchten kommt, ohne dass an irgendeiner Stelle etwas unfreiwillig aus dem Ruder läuft, was bei dem Stoff und der Spielfreudigkeit aller Akteure, leicht möglich gewesen wäre. Hier war Disziplin gefordert und probiert wurde, ohne auf die sonst an Theatern gewerkschaftlich geforderten Zeiten zu achten. Das geht nur mit Leidenschaft zur Sache, die man spürt und die Oliver mit seiner Liebe befeuerte und zugleich im Rahmen hielt.
Auch die junge Luise Haberlah, die während der Proben neben ihrer schauspielerischen Aufgabe soufflierend half, spielt mit vollem Einsatz und ist, wie ich höre, schon während vieler Produktionen der Kammerspiele hinter und neben der Bühne mit ganzer Seele dabei. Sie strebt zum Theater, hoffen wir für sie, dass die Verantwortlichen an einer Schauspielschule ihr Talent erkennen und Luise baldigst studieren darf.

Foto © Jens Wolf

Gänsehaut bekomme ich jedes Mal am Schluss, wenn von dem Kollegen Michael Magel dem Publikum entgegen gerufen wird:
Für die Menschen hier, für die gebeutelte Region und gegen den Rechtsruck in diesem Land!
Dann gibt es einen derart entfesselten jubelnden Applaus, dass ich sagen kann :
Ich musste erst nach Magdeburg kommen und so alt werden, um dergleichen zu erleben.
Danke!

Foto © Jens Wolf

Nur noch bis Samstag den 29.6. sind die Olvenstedter beim Probieren von Tschechows
Möwe zu erleben. Dann gibt es sie erst im nächsten Jahr wieder, bei einem neuen Versuch, ein Stück der Weltliteratur auf dem Zeltplatz an der Ehle zum Leuchten zu bringen.

Foto © Jens Wolf

Die Hälfte meiner Tage hier in Magdeburg als Stadtschreiberin 2019 sind um…

Ein Bergfest feierte ich nicht. Ich war, wie immer voll in Aktion und hatte nur wenig Interesse über die Begrenzung meines Aufenthaltes hier nachzudenken, denn die Stunden vom Tag reichen mir ohnehin nie, um all meinen Vorhaben gerecht zu werden. Diese Stadt am Fluss – ich nenne sie inzwischen die ‚Helle‘, ‚Freundliche‘ inspiriert mich weiterhin. Sie hält mich wach, weil sie mich ausschweifen lässt. Ich spüre ihre Grenzen nicht, nur ihre Weite. Genau das, was ich zum Arbeiten brauche. Als ich zum wiederholten Mal im Inneren des Doms war, wurde mir bewusst, dass auch dieser Bau widerspiegelt was die Stadt für mich ist. Hell, licht, einladend und nicht einschüchternd, so dass man sich klein oder gar verloren fühlt, so wie es einem in manchen sakralen, geschichtsträchtigen Bauwerken der Vergangenheit gehen kann.

Drei Lesungen gab es in der letzten Woche mit dem Tag, der die Mitte meiner Magdeburger

Zeit als Stadtschreiberin markierte. Eine der Lesungen war im Fabularium, der sympathischen Buchhandlung von Dorle Lange im Hundertwasserhaus. Es kam, so wie ich es mir jeweils wünsche, auch zu Gesprächen während und nach der Lesung. Ich dachte an ein Interview mit dem Literaturnobelpreisträger von 2010 Mario Vargas Llosa, das im „Stern“ erschien und ein Zitat von ihm als Überschrift trug:

Ein Volk, das nicht liest, ist leichter zu manipulieren“

Wie eine Bestätigung dieser Aussage des 83 jährigen unermüdlich arbeitenden Schriftstellers war für mich die Begegnung mit den von Dorle Lange geladenen Zuhörern. Vorwiegend kamen da Vertreter meiner Generation und sogar noch ältere Leser zusammen. An diesem Abend hörte ich nicht eine negative Meinung zur „Fridays for Future – Bewegung“. Immerhin sind wir alle noch autoritär erzogen, was für Viele zur Folge hat, dass sie sich jetzt -im Alter angekommen-, selbst zur Autorität erhoben glauben und Anerkennung für ihre Lebensleistung, ihre geschaffenen Werte erhoffen oder sogar einfordern. Wenn sich diese Werte aber nun in Automarken präsentieren oder den Reisezielen, die man sich per Flugzeug erobert, bleibt die Bewunderung der Jungen aus, bzw. schlägt sogar um. Man muss sich vorwerfen lassen, falsch – weil egoistisch, die Ressourcen ausbeutend -zu leben oder gelebt zu haben. Das lässt sich keiner gern sagen. Besser also, man zieht die Rückschlüsse selber und man definiert sich über geistige Werte – wo wir wieder beim Lesen angekommen sind, beim Lesen und Zuhören. Uns verbindet der Wunsch, nach neuem verantwortlichen Denken, was Demut und Weitsicht impliziert. Das sollte dann auch die Weisheit sein, die man sich im Alter ersehnt- und die heute einen gewissen Schulterschluss mit den Jungen ermöglicht, den Jungen, die emotional und in ihren gelernten Lektionen richtig liegen, für Ihre Zukunft, für ihr Überleben kämpfen. Wir ( Alten )müssen da wenigstens gedanklich unterstützend agieren und so versuchen, gut zumachen, was wir ‚verkackt’ haben.

Am Samstag gab es auf dem Kunstmarkt in Buckau – nachdem ich vormittags im Forum

Gestaltung an den Proben zu „Olvenstedt probiert‘s“ teilgenommen hatte-, einen Rückzugsort – ein Höfchen, in dem ich lesen und zu Gesprächen einladen konnte. Hier lies ich die Anwesenden Zahlen wählen zwischen 1 und 104, um dann die jeweilige Geschichte aus meinen ‚101Einsatzgeschichten’ vorzulesen. ( es sind nämlich insgesamt 104 , da es noch drei Zugaben gibt — Geschichten in wirklich nur einem Satz!)

Auch las ich aus meinem Buch : „Doppelt verdientes Glück“ : die ganz und gar nicht traurige Geschichte mit dem Titel :

Manchmal zwischendurch bin ich traurig

Eine wieder reiche Woche im hellen Magdeburg ging für mich zu Ende. Erwähnen möchte ich auch die letzte Vorstellung von Gorkis : „Die Letzten“ am Schauspielhaus, die mich in ihrer bedrückenden Aktualität, der klugen spannenden Inszenierung von Milan Peschel und den großartigen Kollegen des Ensembles sehr beeindruckt hat.

Zitat aus Gorkis ‚Die Letzten’

„Sind Kinder verpflichtet, …alles gutzuheißen, was ihre Eltern verbockt haben….? —wir baden aus, was ihr falsch macht“

Im Café Central war ich vergangene Woche auch zu einer Lesung geladen. Die sich dort versammelnde Runde passte zwar um einen Tisch, aber es liegt mir fern, wegen der ‚Nichterschienenen‘ , die Anwesenden mit schlechter Laune zu strafen. Wir haben es uns auch im kleinen Kreis gut gehen lassen. Auch da durfte gewählt werden, was ich lesen sollte und ich habe erzählt, bzw jede Frage zugelassen und zu beantworten versucht.

Alles gut – für mich -im hellen Magdeburg, ich darf natürlich nicht vergessen, dass mein Hauptauftrag die Fertigstellung meines Romanmanuskripts: „Zerbrechliche Welten“, ist…

jaaaa ! —da bin ich dran und zum Korrigieren zwischendurch immer wieder an der Elbe.

An den Fluss zieht es mich, wie übrigens den Protagonisten meines Romans auch. Die einzig artige großzügige Flusslandschaft in mitten der Stadt und um Magdeburg herum — sie macht die Stadt grenzenlos, öffnet sie zum Meer — ins gedanklich unendliche …

 

 

Cafe Central

Nicht vergessen!!! Heute ab 19 Uhr bin ich im Cafe Central am Hasselbachplatz.

Eine Lesung mit mir und gerne auch eine Gesprächsrunde mit den Zuhörern

Magdeburg im Pfingstglück

Was war das für ein gelungenes Pfingsten. Samstag wütete noch ein kalter Wind, für mich beängstigend, denn ich musste ja daran denken, dass ich am Folgetag im Klosterbergegarten vorm Gesellschaftshaus lesen sollte. Auf der Probe im Forum Gestaltung konnten sich die Texte noch zugerufen werden, trotzten wechselnde Kleidung und Bewegung dem Wind – aber wie würde es morgen für mein Publikum sein- wenn es überhaupt eines unter solch ungastlichen Umständen geben sollte?… Ja, und dann – hätte es den kühlen, windgewaltigen Samstag nicht gegeben, wäre ich nicht so „doppelt beglückt“ und dankbar gewesen, dass uns der Wettergott hold war – oder eben Pfingsten entsprechend , der gute Geist über Magdeburg schwebte und meiner Geschichte vom „Doppelt verdienten Glück“ das Fliegen ermöglichte. Jedenfalls spazierte eine Schar aufnahmefreudiger Besucher mit uns, -den beiden wunderbaren Saxophonisten : Roland Kähne und Christian Döhler und mir- und machten Halt an 6 Stationen fürs Zuhören.

Das Wochenende hatte ich Besuch von meiner sizilianischen Freundin Dr. Maria Giuliana. Sie ist Kulturbeauftragte des italienischen Staates, lehrt an den Universitäten in Halle und Leipzig. Am Samstag bekam sie durch Ursula Hartmann mit uns eine Stadtführung , Sonntag die grandiose Ausstellung im Kunsthistorischen Museum und die Wandellesung zu erleben. Sie war höchst begeistert und fuhr Pfingstmontag mit einem wunderbar reichen Eindruck, den sie von Magdeburg bekommen hatte und einem entsprechend beglückten Gefühl zu ihren Aufgaben und Arbeiten zurück. Wieder wird das heutige Magdeburg ein Stück mehr in die Welt getragen. Maria wird erzählen, berichten und ganz bestimmt wiederkommen, sogar mit Mann und Freunden- so hat sie es geplant…

Montag konnte ich, nach der Probe im Forum Gestaltung vormittags, am Nachmittag 16 Uhr im Schauspielhaus an einem gelungenen Experiment teilnehmen. Unter dem Motto : ‚Quatsch dich Fest‘ war man dort an eine Tischrunde geladen, um gemeinsam über Sprache, Worte und deren Auslegungen und Assoziationen zu diskutieren. Über drei Stunden war ich dabei und hätte noch gern bis zum Schluss, der auf 21 Uhr 30 festgelegt war, teilgenommen, doch ich hatte noch den Wortakrobaten Krause -Zwieback auf dem Programm. Sein Stück und seine Inszenierung spielten letztmalig in der Studiobühne und der Besuch war also für mich nicht verschiebbar. Mein Verzicht auf die Runde wurde belohnt, ich hörte und sah fünf fantastischen Schauspielern zu. Mit viel Witz und den entsprechenden Lücken fürs Assoziieren und Weiterdenken war das eine Fortführung des Abends – die künstlerische Entsprechung zum Nachmittag. Schade, dass es nur hier keine Wiederholung geben kann. Das Schauspiel- Ensemble geht auseinander in wenigen Wochen. Dafür bleibt das Magdeburger Bürger – Ensemble und ich hoffe , ich habe noch die Möglichkeit, an weiteren Initiativen von ihnen teilzunehmen …

Jetzt gehts wieder zu : ‚Olvenstedt probiert’s‘ und zwischendurch an mein Manuskript

Ach , Magdeburg , dein guter Geist … für mich könnte es noch länger so weiter gehen …Glück …