Romannotizen – eins

Tagebuch

08082015 – Fahrt nach Wismar verschlafen. In Magdeburg geblieben. Nachbar sagt, er verkaufe bei der Hitze eiskalte Büchsencocktails im Areal am Hafenbecken gegenüber der Denkfabrik.

Pause am Hafenbecken mit MV. Irgendwie wirkt das Plätzchen im Schatten improvisiert und rasch hingezaubert. Zwei flache Platten zu unters für den einen großen, schön behauene, eckigen Stein hell mit bläulichem Grauton. Mattgrau gestrichener Anker hinter uns. Warum der leblose Platz dahinter, ein Parkplatz, der langsam von Gras und Distel zuzuwachsen beginnt, nun Charles de Gaulle heißen muss, erschließt sich einem nicht. Wir ruhen aus und genießen den Blick übers große Becken unter zwei hohen Pappeln. Weiter hinten wie gehört, findet dieses Festival unter der Bahnbrücke statt. Der Nachbar sorgt die drei tage lang wohl hier für Eiscocktails.

Richtung Oper – Vorbei an der Lady, die ihren linken Fuß wäscht und ein fröhlicher Fisch spritz im kleinen Bogen Wasser dazu. Oh weh, dieser armselige Opernplatz, von Straßenbahngleisen zerteilt, ungenutzter leerer Raum. Sie haben da ein paar Litfaßsäulen als Reklamepoller aufgestellt. Jammer, Jammer, die wirken wie Boxsäcke. ja, doch ja. Ich möchte sie auch umhauen.

Beim Haus der Familie oder am Familienhaus im Park erholt. Mit vielen großen Bäumen, einer Allee, und einzelne verstreute Gräber befinden sich dort. Manche unter Gestrüpp fast verborgen. Gleich zu Beginn fällt eines besonders ins Auge, eine Sphinx liegende, ein römischer Held, eine Dame unter dünnem Tuch.

Francke-Denkmal – Begegnung mit einer alten Dame, die achtzig ist und mit ihrem orange Kissen unterwegs, zu ihrem Sitzplatz. Gespräch darüber, dass sie reisen will, vor drei Jahren in Tunesien war, Sousse der Ort oder so. Nun muss es nur noch den Herren geben, der wie sie hier im Park mit dem Kissen einsam unterwegs und wie sie angeblich nicht auf der Suche? Dann wirds was mit den beiden, denke ich.

Einen Bierkasten haben sie so präpariert, dass er um die Stange eines Schildes passt. In ihn soll man für die Bedürftigen seine Pfandflaschen abstellen. Daneben zwei kleine, kniehohe Container für die Reste vom Grillen auf den Wiese drumherum.

In Sichtweite der russische Friedhof, Russenfriedhof genannt. Mit einem Gedenkstein in der Mitte, die typische Stele, nach oben zulaufend der Stern, die Schrift. Und dahinter das Tor, mit zwei Russensternen verziert, in einen Kreis gesetzt, von dem Strahlen ausgehen.

Alte große backsteinerne Fabriken, mit allen Zeichen des Zerfalls, von der Birke in der Dachrinne bis zu den Fenstern, die entseelt glaslos geschlagen worden sind. Kommen immer sofort romantische Gefühle auf, weil die Natur für den entsprechend märchenhaften Bewuchs sorgt, Knöterich wallen lässt und Gras hoch auswachsen kann.

Gegenüber Karstadt oder ähnlich eine quadratische Bühne aufgestellt, auf ihr ein Schlagzeuger, ein Bassist, ein Gitarrist, in Besitz einer blechernen Gitarre, westernlike. Meine Freundin kauft eine CD, ich lade sie auf ein Eis ein. Mango Schokolade ich, sie Mango genauso heißhungrig aber dann doch lieber Pistazien oder Joghurt.

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