Feiner Landregen über der Stadt – und was heute in der Wiener Zeitung brandneu zum Magdeburg-Stadtschreiber geschrieben steht.

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Was mich schon als Kind gewundert hat war

der Landregen über der Großstadt. Müsste er

nicht hier Großstadtregen heißen, fragte ich

mich mehr als laut und mehrfach? Und wurde

dafür eher unverständlich angesehen.

Worüber sich das Kind seinen armen Kopf

zerbricht, hieß es nur, wenn ich den

verschiedenen Regenorten neue Namen

verpasste: Wüstenregen, Gebirgsregen,

Inselregen, Meerregen, Urlaubsregen,

Feiertagsregen, Nachtregen, Kinderregen,

Geldregen.

 

In der Wiener Zeitung von heute: Von Christina Böck

Wie verrückt muss man sein, um in Zeiten wie diesen einen Buchverlag zu gründen?

Es ist wahrscheinlich schon so manchem glücklosen Autor der Gedanke gekommen: Warum nicht selbst einen Verlag gründen? Auch Karoline Cvancara musste feststellen, dass die gängigen Verlage „schon lange auf meinen Beststeller verzichten“. Das war zwar nicht der ausschlaggebende Grund dafür, dass Cvancara heuer den Verlag Wortreich gegründet hat. Aber ohne diese Erfahrung wäre es wohl nicht dazu gekommen, denn: „dadurch hatte ich einen guten Einblick in die Verlagsszene. Ich habe beobachtet, dass die österreichische Verlagswelt einen Fehler macht: Sie lässt anspruchsvolle Belletristik liegen. Das überlässt man den deutschen Kollegen.“ Dafür, dass sie am liebsten einen österreichischen Nick Hornby im Programm hätte, sei sie viel belächelt worden. Aber nicht von den Autoren: Die haben schnell einen brauchbaren Partner in „Wortreich“ gesehen und über das altmodischste Netzwerk der Welt – Mundpropaganda – empfahl die eine dem anderen den neuen Verlag. So gelang es, in kürzester Zeit ein Ganzjahresprogramm zusammenzustellen.

Und unter den Autoren findet sich mit Peter Wawerzinek auch gleich ein Bachmann-Preisträger. „Da hab ich mir schon gedacht: Ein Bachmann-Preisträger will bei mir unterschreiben? Was ist mit der Verlagssituation los?“

Gutes Stichwort: Wie gewagt ist es, in Zeiten, in denen Buchverlage eher eine gefährdete Spezies sind, einen neuen zu gründen? Kvancara ist überzeugt davon, dass sich für engagierte kleine Verlage gerade eine Nische aufmacht. Die 30.000 Euro Startkapital hat sie privat aufgestellt, bei Bund und Stadt Wien kann man – für jedes Buch individuell – um 600 Euro Druckkostenzuschuss ansuchen. Bis Wortreich um eine Verlagsförderung ansuchen kann, muss Cvancara aber drei Jahre ohne Hilfe durchkommen.

„Liebe zahlt keine Rechnungen.“ Das hat Cvancara im Musikbusiness gelernt. Denn die Neo-Verlegerin bringt einen Hintergrund mit, der ihre Leidensfähigkeit bezeugt. Lange arbeitete sie in einem Plattengeschäft in Wien, das schließlich trotz allen Engagements und aller Selbstausbeutung nicht mehr gerettet werden konnte. Die Musikwelt erweist sich aber auch im Verlagsbereich als gute Folie. Dass es etwa ohne digitale Beiwagerl nicht geht, ist Cvancara klar. Jedes „Wortreich“-Buch (die übrigens in 1000er-Auflagen erscheinen) gibt es auch als E-Book. Auch die Wichtigkeit von Amazon ist ihr bewusst: „Wenn das Buch nicht auf Amazon ist, dann gibt es das Buch für den Konsumenten nicht“, sagt sie.

Besonders viel Wert legt Cvancara auf ein qualitätsvolles Lektorat – auch wenn sie ihre Germanisten aus Kostengründen bisher nur auf Honorarbasis beschäftigen kann. Das sei einer der Gründe, warum sie Autoren vom Self-Publishing dringend abrate. „Diese Texte sind dann als E-Book veröffentlicht, mit allen Fehlern.“ Auch viele etablierte Verlage würden den Fehler machen, beim Lektorat zu sparen: „Wenn eine Geschichte gut ist, kann das Lektorat noch viel tun, dass auch das Buch gut wird.“ Noch etwas hat Cvancara aus der Musikwelt mitgenommen: „Wenn ein Plattencover schön ist, greift man hin.“ Nicht jeder österreichische Verlag hätte das verinnerlicht: „Das Drama bei den österreichischen Büchern ist: Man sieht’s gleich.“ Deswegen hat sie für ihre Buchcover eine eigene ästhetische Linie: Die Künstlerin Alice Haring gestaltet sie alle, nachdem sie sich von den Manuskripten inspirieren hat lassen. „Schöne Bücher sterben auch bei Großverlagen ein bisschen aus. Da gehen wir einen zickigen anderen Weg.“

 

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