Der Nächste bitte. Ihr Name? Thomas, Dylan, Wales!

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Ja ist schon ulkig HIER in Magdeburg sitzen und über Wales nachdenken, die Ähnlichkeiten und Unterschiede zu ihrem besten Dichter und mir zu beschreiben. Aber, es gibt sie und es gibt den großen Text bereits, nur wird an ihm noch gehobelt und gefeilt, das die Späne nur so fallen können. Und dann, wenn es November wird, erscheint das Buch bei WORTREICH in Wien. Da haben wir also die Achse des GUTEN = Swansea (Wales) – Verlag (Wien) – Schreibort Magdeburg.

UND FALLS JEMAND AUCH ein Buch in seiner Hinterhand hat?

Manuskripte
Verlag Wortreich sucht interessante Buchprojekte der Belletristik!

Reichen Sie bitte Ihr Buchprojekt wie folgt ein:
Exposé (kurze Inhaltsangabe des Romans)
Probekapitel von max. 30 Seiten
literarischer Lebenslauf

Senden Sie die Texte bitte ausschließlich per Post an:
Verlag Wortreich
Albertgasse 35
1080 Wien

Bitte sehen Sie davon ab, das ganze Manuskript zu senden. Bei Interesse setzen wir uns mit Ihnen in Verbindung.

 

 

ZAPPANALE 26 IN BAD DOBERAN

Ach, hätte Zappa doch nur einen Penis hinterlassen

Seit 1990 trifft man sich in Bad Doberan zum Festival, um den berühmtesten Bart der Musikgeschichte anzubeten. Erst wenn die Zappanale stirbt, ist Frank Zappa wirklich tot. Von Peter Wawerzinek

Unser Mann im Festivalhimmel: Frank Zappa (1940 bis 1993)
Unser Mann im Festivalhimmel: Frank Zappa (1940 bis 1993)Foto: picture alliance / ASSOCIATED PR

 

Fischbrötchen gibt es dieses Jahr nicht. Das klingt wie keine Ansage, ist aber eine von Tragweite, denn immer wieder höre ich: Zappanale und keine Fischbrötchen, das geht überhaupt nicht. Vor allem, wenn man sieht, was es auf diesem Festival sonst so an Buden gibt. Platten, CDs, Massagebretter, T-Shirts, Pizzabäcker und seit heute vegetarische Buletten und dann den landbekannten Ein-Meter-Wurst-Maxen. Da ist einer dabei, der sitzt, liegt, steht, hockt auf einem großen Tuch zwischen Kesseln, die man mit geeigneter Technik zum Klingen bringen kann. Und den sehe ich schon seit Jahren immer wieder nichts verkaufen. Trotzdem ist er da, meditiert vor sich hin, und wird auch nächstes Jahr wieder da sein.

Wie Werner Wiemann, der Mann, der Met verkauft. Nicht irgendwelches Zeug, das Männer kampflustig macht, sondern in verschiedensten Varianten, für nahezu jede Gefühlslage und Seelenstimmung. Was aber wirklich geheim ist an ihm und seinem Stand, ist der Eierlikör. Den hält er wie zu Ostzeiten unterhalb der Verkaufstheke versteckt. Nur für ausgewählte Kunden. Bei ihm hat man den Eindruck, dass es ihn traurig stimmt, wenn er wirklich was von seinen Produkten verkauft. Er hat wohl zu jeder Flasche eine ganz besondere persönliche Beziehung?

Viel Lärm und viel Likör

Den Eierlikör trinken der Veranstalter Wolfhard Kutz und seine jüngst erst, vor zwei, drei Wochen, geehelichte Frau Tracy schon seit Jahren immer nur bei ihm. Von Zuhause aus Berlins Speckgürtel hierher gebracht. Eierlikör wie er sein soll und nur bei ihm schmeckt mit einer Prise Zappa-Musik von der Wiese. Die Gläschen sind essbar, aus Waffel und innen von einem Schokoladenhauch beschichtet. Ich konnte nicht abwarten und habe meine zwei Zappa-Freunde überreden können, bei Wiemann vorstellig zu werden und mit einer Notlüge, ihm Eierlikör aus den Rippen zu leiern. Ein Erlebnis sondergleichen, weswegen ich allein schon nächstes Jahr hier wieder aufkreuzen werde.

Ja, was ist anders als die Jahre zuvor? Das Programm, könnte man sagen. Das Wetter. Dieses Mal mehr Sonne und Wind als sonst. Und so etwas kann nur Ostsee sein. Schönwetterwolken und ein steifer, ordentlich wehender Wind. Ansonsten sind die Zelter, Camper und Schlafsackpiraten anwesend wie jedes Jahr.

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Penis-Dimensionen: Ein Originalabdruck des Gemächts von Jimi Hendrix in Gips von Cynthia Plaster Caster, zu sehen bei der 26. Zappanale in Bad Doberan<br /><br /><br />

Foto: dpaPenis-Dimensionen: Ein Originalabdruck des Gemächts von Jimi Hendrix in Gips von Cynthia Plaster Caster, zu sehen bei der 26. Zappanale in Bad Doberan

Penisse. Lassen Sie uns darüber reden, was Männer sonst mit sich herumtragen und seltener herzeigen. Kutz hat sich zwölf Jahre lang bemüht, Cynthia Plaster Caster, das Altgroupie, The Lady Of The Manneskraft, hierher zu locken. Nun ist sie angereist mit ihrer Schatztruhe voller Gipsabgüsse, unter anderem Jimi Hendrix, von dem seine Freundin damals schon gesagt hat, so dolle sei es mit seinem Pimmel nun auch nicht. Die Ausstellung ist klein, „Penis Dimension“, im Hinterhof am Markt.

Was wahr ist und gut für sie, sind die zahllosen Besucher. Sie alle wollen Gemächte sehen. Und manchmal findet im Nebenraum auch etwas statt wie Konzert, Lesung, Vortrag, Diaschau. Die Musik, die wir bei unserem Besuch hören, klingt nach Konzertprobe, irgendwie versuchen die Musiker ihre Instrumente für den großen Auftritt einzustimmen, der dann aber nicht folgt. Aber Publikum ist dennoch da. Und wer sich sonst nur den Ort Bad Doberan angesehen hätte, ist hier schon am frühen Vormittag bedient. Die Geschlechtsteile von Musikern sind in Vitrinen vor dem Zugriff geschützt und insgesamt von mittlerem Ausmaß, aber alle bereits nach dem ersten Ansehen schon verkauft worden. Kann man sich richtig vorstellen, Weihnachten unterm Tannenbaum und auf dem Gabentisch neben der Krippe den Penis seines Lieblings stehen zu haben.

Musik wird auch gespielt

Genug davon. Es geht hier ja schließlich um Zappa, sein Leben, seine Musik, seine Botschaft, sein Vermächtnis und so weiter. Um das weiter auszuführen, ist aus Hamburg der Gebrauchsfotograf Günter Zint angereist. Der hat nämlich damals die erste Europatournee von Zappa begleitet und 1968 einige Fotos geschossen. Dabei war zum Beispiel Fritze Rau, jüngst verstorben. Das wichtigste Konzert fand in Essen anlässlich der Essener Songtage statt. Und danach war der Berliner Sportpalast dran, mit einem weniger erfolgreichen Verlauf. Die Presse hetzte gegen die ungewaschenen Liedermacher und löste damit eine radikale Besetzung der Redaktionsräume in Essen aus, die dann nur noch durch harten Polizeieinsatz aufgelöst werden konnte.

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Wolfhard Kutz (r.) hat 1990 die Zappanale gegründet, um das Andenken seines Hausgottes Frank Zappa (l.) in Ehren zu halten<br /><br /><br />

Foto: picture alliance / dpaWolfhard Kutz (r.) hat 1990 die Zappanale gegründet, um das Andenken seines Hausgottes Frank Zappa (l.) in Ehren zu halten

In Berlin sagte Zappa: Revolution ist the wrong word, Evolution ist the right word. Daraufhin eroberten die Genossen einige Verstärker und auch Instrumente auf der Bühne. Fritze Rau beruhigte den Mob und verhinderte zugleich die Erstürmung des Moabiter Gefängnisses. Man wollte Fritze Teufel befreien. Als ich die Penisfrau an der Hand habe und sie zum Bierstand führe, ist der Fotograf Zint verschwunden. Es kann also kein fachmännisches Beweisfoto von ihr und mir durch ihn gemacht werden. Zint sitzt in seinem Auto und schaut sich eigene Fotos an. Die Penisfrau hat bestimmt vier Minuten länger ausgehalten, Zint aber erschien nicht.

Wie viel Osten steckt noch im Festival, ist die Frage, die ich Gründer Kutz stelle. Der macht es sich einfach und sagt: Komm doch selber drauf. Ich schätze einmal weit unter dreißig Prozent. Was einmal auf einem Traktoranhänger der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) begann und heute gigantische Ausmaße auf der Galopprennbahn nahe Heiligendamm annimmt, ist längst nicht mehr in mecklenburgischer Hand. Sie reisen mittlerweile von überall her an, man sagt sogar aus Australien. Man kann sich Überblick verschaffen, wenn man über den riesigen Parkplatz schlendert und die Nummernschilder liest.

Überraschend und für gut befunden wird in der Regel alles, was nicht mit Zappa zu tun hat. Eine Band aus Frankreich zum Beispiel, die langatmige Klänge erzeugt und damit ein wenig an Jazz erinnert oder ähnliches, gehört dazu wie zur Eröffnung auf dem Kamp das Provinztheater mit seinen balkanähnlichen Rhythmen zu deutsch gesungenen Balladen. Was dann von Zappa gespielt wird, sind immer die gleichen Songs. Als hätte der Mann nichts weiter drauf gehabt. Es ist, wie Bob Dylan auf zwei, drei genuschelte Anfangssongs zu reduzieren. Hier müsste man echt einmal was Neues wagen. Denn Zappa hat sicher einige Musikstücke für 113 Musiker und große Orchester geschrieben, die alle auf eine Bad Doberaner Uraufführung warten.

Bad Doberan ist Zappatown

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Peter Wawerzinek, geboren 1954 in Rostock, lebt als Schriftsteller in Berlin. 2010 erzählte er in „Rabenliebe“ seine Geschichte als Heimkind an der Ostsee. Für einen Auszug bekam er im selben Jahr den Ingeborg-Bachmann-Preis

Die Zappanale ist ein großes Klassentreffen. Einmal im Jahr kommen die Fans zusammen, die das ganze Jahr über sonst nicht miteinander im Kontakt sind. Und da kreisen dann schon einmal die Flaschen. Alles was Zappa ist, hat man bereits erworben und im Plattenschrank sicher verwahrt. Was man sich von Zappa so erzählen kann, kennt man bereits. Und mehr ist dazu auch in Jahrzehnten nicht zu bemerken. Zappa ist allumfassend bekannt. Junge Leute kommen nicht hinzu. Alles wirkt wie ein Rentnertreffen. Die Musik schafft einfach nicht den Sprung zur Jugend hin.

Fakt ist, wenn die Zappanale stirbt, ist Zappa richtig tot. Oder man wandelt das Sommerfestival in einen Zappa-Kirchentag um und gibt es für Schwule und Lesben frei, mit der Möglichkeit, dort in der Zielgraden der Rennbahn mit Fotofinish durch Günter Zint verheiratet zu werden. Scherz beiseite und den Realitäten nicht mehr so ins Auge gegriffen: Bad Doberan und seine Zappanale sind schon ein Ereignis von Welt. Der Ort nennt sich Zappatown, und das ist auch gut so, wie Wowereit gesagt hätte.

Man geht am Tage baden und spazieren. Man hört zum Abend hin bekannte Stücke. Man kuschelt sich im Wohnwagen oder Zelt aneinander. Man hält bis zum Schluss eisern durch. Man rückt ab und fährt nach Hause. Man freut sich aufs nächste Jahr und Wiedersehen. Man wickelt alles sehr emotionslos ab. Dafür ist der Meister zuständig, und der hat nun einmal keinen Penis hinterlassen.

So ein schönes Fest aberauch

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Jede Musik braucht ihre Atmo, wie es heisst. Und sie muss auch exakt um die richtige Zeit gespielt werden. Und deswegen gab es Led Zeppelin im Forum aufgelegt erst nach der Ausstellungs-Finnisage. Und auch erst nachdem wir Omega aus Ungarn hörten. Und die Musik wurde laut gespielt. Das muss schon sein. Ohne Lautstärke keine Musik. Und dazu haben wir gehottet, wie man früher sagte – das war es schon. Schön war es. Und eine junge Frau stand auf der Bühne kerzengerade und schön anzusehen wie sie sich bewegte, die Beine, Hüften, Schultern schwang, die Arme mit den Handrücken gegeneinander erhoben im Scheinwerferlicht. Das hatte indische Züge wenn es den Frauen in diesem gewaltigen, gewalttätigen Land nicht gut geht.

Ich musste ja nur einmal so ein gutes spontanes Musik-Tanz-Fest im Kleinen erleben, mich zu fragen, wie in Magdeburg so feiert, ob wir da schon die große Ausnahme darstellen

Erst sah es ja aus, als würden wir nur die Bilder der Ausstellung würdig entlassen, Finnisage abhalten. Schließlich war der Künstler Schwarz anwesend. Kurator Norbert las vier Mal Heinz Chechowski und als Zusatz ein langes Gedicht von Rilke. Dann gab es Happen. Hallenser Brot, vom Künstler höchstselbst mitgebracht. Und eine Gedenkminute an den Bäcker Karl Kolb in der Humboldtstrasse auf den Paulushügel zu. Bei dem Backmeister habe ich immer Brot und Brötchen geholt, wenn ich dort zu Besuch war. So 1966, denke ich und die Jahre danach. Und Zuckerkuchen auch. Und, ich glaube Prasselkuchen habe ich dort zum ersten Mal gegessen? Hier im Forum belegten die Schnitten zwei, drei Tabletts voll. Mit Salz und ohne Salz und guter Butter bestrichen. Dazu Erdbeeren aus dem Garten, Äpfel, von denen zwei auf dem kleinen runden Tisch meiner Schreiberkammer liegen. Wir tranken Saale-Unstrut-Wein, au fein, der muss schon sein. Und viele Gespräche über alle möglichen Themen entstanden in den Tanzpausen. Urlaub, Usedom, Umbria.

Und dann erscholl Lachen von draußen her. Ich gehe heraus, halte Ausschau? Da sind es nur zwei Frauen und ein Mann, die so viel Freude ablassen. Kaum zu fassen. Und ein paar Minuten später wird eine Bank herangeschleppt und die Runde perfekt gemacht. Reden über Gärten, Unfälle, Sonnenlicht. Hätte vielleicht auch ein kleines Feuer gutgetan und jemand, der Gitarre spielt oder so. Muss aber nicht sein, wenn die Reden feurig genug sind und man Geschichten wie Holzscheite nachlegt. Und die Musik, die haben wir uns wie gesagt selber eingebrockt und dazu abgerockt. Einfach so, weil es sein sollte und Zeit genug vorhanden war.

Und nun werden die Bilder abgehangen wie gute Schinkenwürste auch oder Stockfische oder die Verfolgergruppe beim Radrennen. Soll mal keiner sagen, Led Zeppelin war nicht wichtig für unsere Generation. Aber hallo, he.

Magdeburg wird Kaffee-Haus-Meile

 

SAM_0080Ich weiß gar nicht, warum Magdeburg sich nicht als Kaffeehaus-Zentrum etabliert, die Magdeburger Bohne noch nicht erfunden und angeboten ist? Denn was auffällig in Klagenfurt ist: Der Kaffee, die Kaffee-Kultur, Kinderkinder, das alles sind hier natürlich hoch anzusetzen. Magdeburg hat die Fabrik. Ich bin immer mal wieder rasch mit Rad dort, die Nase voll zu nehmen. Dabei bin ich Teetrinker. Aber ich rieche es halt gern, wie übrigens als kleiner Junge schon. Da habe ich mich fast besinnungslos gerochen, die Nase über dem eckigen Schiebekasten der Kaffeemühle gesteckt. Das war nicht mehr riechen, das waren Vibrationen von der Nasen- bis zur Zehenspitze. Da hielten sich die kleinen Reste von den gemahlenen Bohnen auf. Der ganze Kasten roch echt kaffig, wie die Fabrik hier in Magdeburg ja auch aus sich heraus so betörend intensiv kaffig duftet.

 

am SELFIstock gehen durch DICK & DÜNN FÜR DEN WETTBEWERB

Peter Wawerzinek
SelfiFoto von Klaus Fiedler

lindwurmKlagenfurt beginnt in Venedig, wo ich so viele, viele Selfi-Stangenverkäufer antreffe, gleich hinterm Bahnhof auf der rialtoähnlichen Brücke. Zehn in einer Hand, von fünf, sechs Händlern angeboten. Dann, in Ljubljana, dieser wunderschönen Stadt, wo man denkt, sie besteht nur aus Kneipen, bereite ich mich auf Klagenfurt vor, nehme in einem kleinen Garten mit Blick ins Tal, ein Bad in einem himmelblauen Pool, härte mich mit kühlem Gebirgswasser ab. Im Lokal, in dem wir, mein Freund Klaus und ich und unsere slowenischen Freunde, Abendbrot essen, sitzt ein Berliner, direkt vom Helmholtz-Platz Prenzlauer Berg hierhergezogen, mit dem wir uns lange und bis ins Detail, über die Veränderungen dort unterhalten.
Angekommen in der Spar-Hauptstadt Klagenfurt im Spar-Land Kärnten, geführt vom Landes-Spar-Hauptmann und einer Spar-Bürgermeisterin fühlen wir uns im Spar-Bereich des ORF sofort sausparwohl. Ich war hier ja schon fünf Monate Stadtschreiber, kenne mich aus und gehe die Orte meiner Sympathie ab. Europahaus. Benediktiner Markt, Leberknödelsuppe essen, aus Tradition Vitaminsaft frisch gepresst mit Ingwer trinken, Selchwurst kosten, der Vroni im Theater-Café einen Besuch abstatten. Doch wie groß die Enttäuschung, der Schock, dass jene gute Seele es einfach übertrieben hat. Zu wenig Schlaf, zu viel hintereinander weg geschuftet, niemals an sich selbst gedacht und alles mitgemacht bis zum Ende jeder Nacht, ist nun einmal ungesund. Das Ergebnis Schlaganfall. Und man kann ihr nur die Daumen drücken. Einen Brief schreiben wir ihr gleich, dass wir auf sie warten, sie lieben und bald genesen sehen wollen.
Auf dem Weg von ihrem Lokal weg entdecken wir den großspurigen Kärntner, der nach einem Berlinbesuch es hier in Klagenfurt mit Berliner Kindl und Currywurst als Kneiper versucht. Wie nur soll das gehen? Wie nur soll das funktionieren? Um authentisch ein Berliner zu sein, fährt er einmal im Monat nach Berlin, kauft dort zwei Fässer, Pötte mit Berliner Ketchup und Packungen Würste ein. Dabei haben sie doch hier auch die Kieferzapfen der Zirbel. Und die werden Einkaufstaschen voll gekauft. Man kann daraus ein Elixier brauen, das lebensverlängernd wirkt. Deswegen die lange Schlange alter Männer vor dem Stand. Und der Verkäufer hat sich zwei Kohlblätter auf den Kopf gelegt. Unterblatt Weißkohl, darüber ein sattes grünes Wirsingkohlblatt gelegt. Aber ansonsten hat sich nichts geändert, ist alles wie jedes Jahr nur eben mit der Silbe Spar davor. Und Lesungen finden wieder statt. Und man kennt sich bis auf diejenigen, die neu hier sind. Und Essenmarken werden verteilt, hinten aufgedruckt ein Restaurant GE.kocht, dass es längst nicht mehr gibt. Und es ist heiß und soll noch heißer auf dem Podium vonstatten gehen, wird gemunkelt. Und dann werden Preise vergeben und die Feier fällt aus Sparsamkeitsgründen aus. Dann fährt man nach Haus und bibbert, dass es nächstes Jahr munter weitergeht. Und wie wir umherlaufen, den Ort zu finden für das unser Doppel-Selfi, bedauern wir sehr, keinen Selfi-Stock in Venedig gekauft zu haben. Nun muss der kurze Arm von Klaus als langer Ersatz herhalten.

UND DAS HABE ICH IN ABWESENHEIT VON MAGDEBURG GESCHAFFT:

DEUTSCHE WELLE BERICHTET: Die in Unterzahl angetretenen Männer sind zu recht allesamt durchgefallen. Ihre Beiträge weckten in der Jury allenfalls Erinnerungen an Kinderbuchprosa oder um journalistische Übungen, denen jeglicher literarische Überschuss fehlt. Manche Beiträge von Autoren (immerhin waren ja auch sie von Juroren eingeladen) fielen in einem Maße ab, dass man sich nur wundern konnte. Die Kluft zu den guten und erst recht den besten Beiträgen war zuweilen riesig. Dennoch, der positive Eindruck überwog deutlich beim diesjährigen Wettlesen.

Dazu beigetragen hat auch der Eröffnungsredner Peter Wawerzinek. Seine sehr persönliche Bilanz zum Auftakt der Bachmanntage „Tinte kleckst nun einmal“, die vom Werden des Schriftstellers Wawerzinek erzählt, war nicht zuletzt eine Klagenfurt-Lobpreisung; mit dem Sieg beim Wettlesen 2010 glückte dem in der Unsichtbarkeit verschwundenen Autor die Rückkehr auf die literarische Bühne. Am Rand des diesjährigen Wettlesens sah man den vormaligen Preisträger immer wieder im Gespräch mit anderen Autoren, Journalisten, Zuschauern oder auch einfach beim Plausch mit dem stattlich beleibten ORF-Kameramann. Wawerzinek Zuneigung zu Klagenfurt war allzeit spürbar und nach den Erfahrungen der vergangenen Tage wohl für viele Besucher nur zu gut nachzuvollziehen.
Der Bachmann-Wettbewerb jedenfalls hat – nach den Diskussionen darüber, ob er überhaupt fortgeführt werden sollte, die zum Glück wieder beendet sind und dem eher bescheidenen Niveau des Vorjahres – nun aufs Beste Werbung für sich gemacht.

Der alte Mann mit den Fischen

 

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Ich habe wieder an ihn gedacht hier in Klagenfurt, den Mann am Fischstand. Cooler guter Typ. Heute gehen wir hier in Klagenfurt auf dem Markt. Klaus Fiedler, mein Biograf und Reisebegleiter hat es so beschlossen. Alte Leute ansehen, das Treiben studieren, wie es zugeht hier. Ist ja schließlich Österreich am Rande zu Slowenien. Also quasi schon der Italienische Stiefel. Und danach sind wieder Lesungen. Heute wirds spannend. Und die Hitze steigt täglich. Unerträglich. Mir sind ja Temperaturen über 23 Grad schon zuwider, da leide ich eher. Bekomme einen roten Kopf und schwitze, nein transperiere, wie mir früher gesagt wurde, denn nur Pferde schwitzen.