Wir haben Worte ausgesetzt wie Taubenschwärme

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Ach, gestern ging es wundervoll oben bei mir zu. Fast dreißig Leute, angestiftet und hierher gebracht, durften als erste Menschen und Magdeburger sich vorlesen lassen, wie Magdeburg in meinen neuen Roman eingebettet wird. Unterstützung fand ich durch Maria Vella, Herbert Braun, die jeweils auch texte zu Magdeburg geschrieben haben. Ein aufregende Lesung, sehr heiter, sehr informativ und sehr gut angekommen. das macht mir Hoffnung für mein Manuskript zum Buch DER LIEBESTÖLPEL.

Nadja Gröschner und ihre pfiffige Crew haben für den Rahmen gesorgt, feine Häppchen bereitet und ein wunderschönes Büfett über den Dächern Magdeburgs arrangiert, das nichts, aber nichts an Wünschen offen ließ.

So bedanken wir uns gegenseitig, die Lesenden und die Zuhörer, die Organisatoren und ich natürlich über alles erfreut bei allen.

PA: Heute bin ich leider so krank, dass ich das Bett hüte und mich kurieren werde. Gut, für jemand, der wieder mal arbeiten und etwas lesen will. Im Liegen bekommen mir die Bücher am besten.

 KRANK IM BETT LIEGEND KOMMEN EINEM IDEEN – MIR AUCH:

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Gestern fuhr ich mit dem Fahrrad an einem Schaufenster vorbei, das so gleichzusetzen ist mit meiner momentanen Situation. Ich nehme Abschied von Magdeburg. Ich bin neugierig, wie ich da wieder herauskomme. Ich habe tapfer ausgehalten, denke ich. Ich habe Verbündete in N. Pohlmann und N. Görschner gefunden, einiges kennengelernt, über vieles nachdenken können, was Städtebau und die Vergangenheit anbelangt. Es ging schnell. Ich habe nicht damit gerechnet, dass nun Schluss ist. Ich habe nichts verändert, nichts bewirken können. Auch zu den tonangebenden kulturflussreichen Leuten habe ich keinerlei Nähe gewinnen können. Bälle, Empfänge, Häppchen, Sekt und Tanzmusik, Feuerwerk und schöne Abende mit lustigen Gästen und Gastgebern, sind mir erspart geblieben. Ich bin mit nur wenigen Menschen hier zusammen gekommen. Das kann sein, dass es an den Menschen hier selbst liegt, sie nicht zutraulich sind oder es liegt an mir, der ich mich nicht sonderlich bemüht habe?
Es mangelt auch an den Treffpunkten, den Kneipen, wo man sich trifft und alle Schichten zusammenkommen. Der Hausmeister, die Postfrau, die Studenten, der Taxifahrer, die Karrierefrau, der Arbeitslose. Ich denke, solch eine Kneipe gibt es nicht mehr, das ist lange vorbei. Ist ja auch in Berlin immer schwieriger. Jedenfalls sind alle Gaststätten irgendwie geeicht auf ganz bestimmte Personen, Ansichten, Mode. Die Vermischung ist nicht mehr beliebt. Ich nehme Abschied. Es gab dieses Mal kein Hochwasser und auch keinen Steppenbrand, obwohl es ja heiss genug war. Die Hitze hat keinen Schaden angerichtet. Hier in Magdeburg gewesen zu sein, war aber nötig, ich würde sonst etwas vermissen.
Mir ist wohl gewesen hier. Mir tut nichts leid. Ich sage ich nicht: Machsburg oder machs gut Magdeburg. Ich konnte nicht überall sein. Ich wäre gern überall gewesen. Ich habe mich hinriechend informiert. Ich habe die Stimmung als eine allgemein zuversichtliche eingeschätzt.
Magdeburg ist auf einem guten Weg. Man steigert sich langsam in eine Art Spannung, fiebert der Zukunft entgegen, die gut wird, ganz sicher. Ich werde ein Buch über diese Monate schreiben. Das wird vielleicht einige Leute beeindrucken. Der fremde Blick von aussen her ist ja stets notwendig. Ein bissel bin ich ein Auskundschafter gewesen.
Ja, doch ja. Es sind recht schöne Orte sind entlang der Elbe zu finden. Wenn man nur die Dinge aus der Nähe sieht, werden sie wichtiger, als man von ihnen nur denkt. Aus der Ferne mit nur dem Kopf als Sichtgerät kommt man mit den speziellen Dingen hier nicht in Beziehung. Ich gehöre ein wenig zur Garde, zur Magdegarde, zu den Leuten, die ihren Kopf hineingesteckt haben. Nichts weiß ich, aber deutlich mehr als vorher schon. Immer wieder werde ich aufhorchen, wenn Magdeburg von sich Reden macht, mir sagen: Was ist denn da los? Und binnen von nicht einmal zwei Stunden flink hinfahren, um dabei zu sein.
Ein Erkenntnis hebe ich hervor: Was für eine furchtbare Sache ist der Krieg, seine Zerstörungskraft hat Magdeburg traumarisiert. Man soll langsam die Winterquartiere verlassen, sich würdig erweisen, mit Stolz sagen, ja wir setzen uns in Bewegung. Man ist keine Hauptstadt, und muss sich dessen endlich bewusst werden. man muss dann Zeichen setzen, Ton angeben, Trends setzen. Man darf sich nicht wiederholen, nicht im Kreis bewegen. Man muss die grünen Kellen hochreissen, den Stau in allen Belangen auflösen. Es besteht kein Grund mehr, weiter auf den Startschuss zu warten. Grenzenlos werden wie der Himmel so erhaben hoch über allem steht.
Gestern sah ich eine Gaststätte mit Namen „Nebenan“. Irgendwie sind die Magdeburger noch nicht richtig drin in ihrer Stadt. Alle Belange wirken wie für nebenan gedacht. Die Nachbarn, die Magdeburg umlagern, wenn sie genauso denken, alle Belange nach nebenan verweisen, werden dann Magdeburg voraus sein. Eins ist sicher: Ich werde versucht sein, die Gastschaft „Nebenan“ noch zu besuchen. Es aber nicht schaffen, Und doch: Bin ich gespannt, was sie für einen Eindruck auf mich machen wird.
Magdeburg trödelt wie ein Schulkind auf dem Weg zur Schule. Magdeburg wirkt unentschlossen, geht nicht zügig los, nicht direkt aufs große Ganze wild zu. Es gehören vielleicht langsam junge Leute an die Spitze, die genügen Dynamik aufbringen und Tendenzen auslösen können? Die Stadt ist günstig, die Zeit reif oder die Stadt ist nun doch wohl endlich reif genug, die Zeit mehr als günstig, ohne Diskussionen loszulegen. Denn Lebendigkeit gehört dazu und nicht das Gefühl, Zukunft bereits hinter sich zu haben oder gar nicht erst anzurühren, zu lassen, was zu tun ist, lieber liegen bleiben als loslaufen.
Das Haus am Park, das man Schandfleck nennt, es muss weggerissen werden und an seien Stelle etwas Neues wachsen, damit dadurch eine Initialwirkung vonstatten geht. Es braucht Tatendrang und Begeisterung. Der Dornröschenschlaf muss aufhören. Leben und Sinn müssen im Vordergrund stehen. Magdeburg soll zeigen können, was es zu leisten vermag. Ich denke, diese Stadt sollte deutschlandweit ein Zentrum für Hausboote werden. Ach ja, und riesige Konzerte organisieren sollte man hier a la Wacken. Die Landschaft gibt es her, ist schön und genügen Platz scheint vorhanden. Etwas zustandebringen, was niemand Magdeburg zugemutet hätte. Sagen wir bunte HalligalliCity für Gagamenschen oder so. Sich einen topsicheren Namen machen, um mit Name für etwas einmaliges in Gespräch zu sein und lange zu bleiben. Die nötige Ruhe, es geschehen zu lassen, bringen die gelassenen Bewohner schon auf.

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