Kräh a tief

Kreativer TEFFER beim KreativTREFFEN mit Fussball und Nachspeise

Ich war gestern auf dem Empfang der Kreativen im Forum Gestaltung, das war mittelprächtig besucht und fing verspätet an. Zeitgleich war ganz Magdeburg im Fussballfieber. Das Relegationsspiel gegen Offenbach. Deswegen waren ganz sicher ein paar Interessenten ausgeblieben. Im Hauptsaal (Galerie mit Werken von Schwarz) agierte eine Art Motivator am Pult, der keine Haare auf dem Kopf hatte, in einem beinahe zu engen Anzug steckte, der ihn wie einen Türwärter auf Mallorca aussehen ließ, der übers Verkaufen säuselte, alle mit „du“ ansprach a la: Kennt ihr auch und Wer von Euch hat denn schon auch einmal? Ich sage einmal so – Verkauf mag ja wichtig sein. Wichtig aber war dem da nur vor allem wie sich dieser Vorgang als solches verändert hat. Früher war früher und noch viel früher als früher. Und heute ist alles heutiger also anders. Jau, das habe ich nun kapiert. Ferner: Man soll den Kunden kaufen lassen. Man soll sich nicht ihm aufdrängen. Man soll einer Strategie knallhart folgen. Der Kunde weiß eh Bescheid, hat sich längst entschieden, will nur noch umworben sein. Fazit: Nicht mein Thema. Also Fussball.

Und da rechnete ich ja eher mit einem frühen Tor und drei bis vier Dingerchen danach. Offenbach war offen und hätte den Bach heruntergehen müssen. Magdeburg vergab Chancen auf Chancen, die es von sich selbst nicht geglaubt haben wollte. So sah es aus. Die Bälle lagen den Ballerinen im Strafraum nur so vor den Füssen. Die aber stellten sich deppert an, als würden sie Ballett tanzen, und nicht fürs Runde ins Eckige sorgen müssen. Ein Tor wurde dann errangelt und das war es dann auch. Mageres eins zu Null, statt dicke Packung sechs:eins. Ob es hinreicht? Will ich hoffen ach, alles bleibt offen in Offenbach.

Danach Buffett oder Büfett oder Catering, egal. Draußen im Hof war Gutgegrilltes im Angebot. Ich stellte mir einen kreativen Teller zusammen. Kartoffelsalat muss ja sein, dazu ein wenig Tomate, Grünzeugs, Bulgarenkäse denke ich einmal, gebröckelt oder so. Und vom Fleischlichen Huhn, Bratwurst, Fleisch (eingelegt zuvor in einer Bier+Sonstwas-Soße), ein Stück Maiskolben. Der ließ mich sofort an Ungarn denken. Ich war 19. Und der Maiskolben kam aus dem Kochtopf, wurde mit Salz bestreut und schmeckte wie, ja wie denn? Nun ich möchte sagen Maiskolben-Spezial-Eis mit gelben Stücken dran. Und weil ich so motiviert vom Vortrag des Anzugmannes war, überredete ich mich als Kunde, der sich umworben sehen will, selbst zur Nachspeise. Ich machte, was sonst nicht meine Art ist, ich entschied mich für den weißen Pudding und die frischen halbierten Erdbeeren, die Fruchtsauce mit Himbeere und eine Art Blaubeere direkt aus dem Wald zu mir gekommen. Köstlich. Magdeburg hätte mir dann sogar in den letzten fünfzehn Minuten Spielzeit beinahe die Speise noch mit schönen Treffern versüßt. War aber nicht.

Zusammengefasst hat mir der Abend unter den Kreativen recht gut geschmeckt.

Und dann war ich in meiner Schreibwohnung und habe mir den Film von der Hendel über den Rainer Werner Fassbinder angesehen. Dokumentation über was denn bitte, was nicht längst bekannt ist? Hätte ich auch gut bleiben lassen können. War auch nicht so toll das Ganze. Zweimal je einen Flop an einem kurzen Ausklangs-Abend will ich nicht sagen, denn die Musikperformance nach meiner Süßspeise, war ein bissel etwas in die Richtung gehandelt, von der sonst bei diesen Kreativen nix groß abgeliefert wurde. Und die überreizten Reden um mich herum, von so auf gebildet tuenden Schnöseln, ob nun in Hose oder Rock, gingen mir echt auf den Sender. Da war absolut nichts an den Typen, was man weltoffen und auf die Menschen (wie Ideen von einem besseren Leben zu) zu spüren. Ich fühlte mich ständig wie unter jungen Funkern, die mit Lötkolbenfinger wedeln und ihre Lippen mit Geigenfett bestrichen und mit denen dann darüber sprachen, wie weit die Null gegen eins und das Einszunull von Magdeburg gegen zwei hoch drei gehen könnte?

Und nun denke ich zu mir ganz schlimm. Dass es vielleicht alles viel, viel harmloser, beinahe lapidarer war als von mir gesehen. Und Zweifel an mir und meiner Beobachtung sehr. Und schreibe zum Schluss einfach, dass ich mich bestimmt voll geirrt habe. Die Kreativen von heute können doch nicht so tief unten agieren, wie die es taten, nein! Und dass ich so harsch dazu denke, ist auch wirklich gut so. Nun muss ich mich mit den Kreativen nicht mehr weiter im Hirn befassen und mein Kopf bleibt frei für die weniger kreativen Sachen, die ich so wie kleine bunte Welpen am Hacken habe.

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