Ja, ich bin mit dem Radl aus

Einfach so mit Rad umher. Mehr wollte ich nicht. Und man macht ja immer kleine Entdeckungen. Gleich zum Anfang ist es eine Maschine zum Eicheln vom Bürgersteig sammeln.

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Nehmen sie nicht die mit nur einem einer Drehbürste. Das müssen derer schon zwei sein. Fünfzig Euro beim Baumarkt.
Ich lichte das kleine Wunderding ab, lasse mir noch zeigen, wie es innen mit ihm bestellt ist:
Sack, Tüte oder?
Einfach so, sagt de Frau, die Eichelmaschinistin.
Das ist weiter nischte.
Öffnet das etwas, hebt den gelben Kasten heraus, zeigt dass er halb voll oder halb leer (wie man es bewerten will?) ist mit Eicheln.
Kleine Dingerchen. Schnell und problemlos eingefangen.

In der Bäckerei u. Conditorei Schoch gibt es Prasselkuchen. Bei der Schrift an der Fassade frage ich mich schon: Warum u und Punkt? Und wieso Konditorei mit C am Anfang? Sind das rein weg ästhetische Betrachtungen? Haben die Verursacher einen französischen Touch gehabt? Ist dieser Ur-Schoch etwa ein ganz besonderer Mann gewesen, einer der Buchstaben einspart, wo es nur geht und das C nun einmal nobler als das schnöde K im Schriftbild ansieht?

Prasselkuchen gab es bei uns an der Ostseeküste. Wenn man nur wüsste warum? Denn Prasselkuchen stammt aus einem ganz anderen Kulturkreis, sagen wir mal dem Vogtland. ich bin mir gar nicht sicher. Aber in Rerik, einem Ostseebad, gehört dieser Kuchen nicht hin. War auch kaum zu verkaufen. Die standen mehr auf Bienenstich, Schnecke, Zopf, Mohnkuchen, Rumkugeln, Pflaumenmus. Was der olle Bauer nicht kennt kauft der Fischkopp auch nicht ein. Ich ja. Ich musste Prasselkuchen einkaufen. Ich wurde deswegen zum Bäcker geschickt. Die Adoptivmutter stand nun einmal schwer auf Prasselkuchen. Und der musste knattertrocken sein und, wie gesagt, prasseln, wenn man in ihn hinein biss. Sie biss in ihn hinein, prasselte was der Kuchen hergab und grinste zufrieden über das Prasselgesicht.

Gegenüber ist da auch gleich ein Fleischer:

FLEISCHEREI
Fleisch- und Wurstwaren
Backwaren
&
Warmes Essen, Kalte Speisen
Beilagen
PARTYSERVICE

steht auf dem Schaufenster so fett und in groß geschrieben, dass man durch die Scheibe nicht sehen kann, was es so alles gibt. Und wieso das K für kalte Speisen groß geschrieben wird, frage ich mich nur nebenbei. Geschmacksache.
Also gehe ich hinein, obwohl ich ja keine Party stattfinden lassen will. Und schon springen mir, wie man so sagt, obwohl sie ja nicht springen, Einweckgläser in mein Blickfeld. Blut, Leber, Sülz. Na, da schlage ich doch zu, für Einsfünfzig das Glas. He he. Bin ja Sülz- und Blutwurst-Fan schon seit ich sieben, acht Jahre alt war. Habe so gar einen Song geschrieben:

Blutwurst du hilfst gegen Durst, juhu.
Blutwurst auf der Stulle, stillt den Hunger
wie zischendes Bier aus eise-kalter Pulle.

Und mein Sülzwurst-Poem geht so:

Sülze ist sauer
Sülze gibt Power
Sülze ist nicht jedermanns
Gelee weil sie vom
Schweinekopf stammt

Sülze schmeckt ohne Brot
Sülze vom Schwein mausetot
macht Wangen rot.

Sülze, oh jee mi nee,
stöhnen die
sülzeunverträglichen
Weiber, Sülze wie?
Vom Schweinekopf?
Aus dem Schweinekoppkochtopf?
Nöö danke nö nix
für uncool lieber nöö nöö.

Eine Kneipe heißt hier Schöne Ecke und hat sich wirklich an einer schönen Ecke etabliert. Ist dicht zurzeit. Gut so, muss ich nicht pausieren, kann ich weiter radeln. Vorbei an der Gaststätte. Vorbei an einem Gestell, einer Sitzbank, die hier KNEIPENTREPPE genannt wird.

An einer Fassade in Gelb zwei Dinosaurier, so groß an die Wand gepinselt, dass man sagen kann: lebensgroß. Und das in der Schillerstraße, der ja auch überlebensgroß war in seiner Dichtung, also fast so gigantisch wie der Saurier Goethe, spielt Flöte, auf Schillers Piller, sangen wir als Kinder nicht minder. Übrigens geht man in Magdeburg pfleglich mit den großen Geistern der Vergangenheit um, die vor zweihundert Jahren alle hier zusammen gekommen und aneinandergeraten sind. Die Freundschaft zwischen Schiller und Goethe wurde hier besiegelt. Novalis war da, Hölderlin und, siehe da, Fichte ist es immer noch (hier mein Bild zum Beweis.)

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ACHTUNG ACHTUNG das Antik Café macht dicht!
Der Antikmarkt ist bis auf wenige Möbel bereits abgebaut.

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Eine Kneipe heißt hier Schöne Ecke und hat sich wirklich an einer schönen Ecke etabliert. Ist dicht zurzeit. Gut so, muss ich nicht pausieren, kann ich weiter radeln. Vorbei an der Gaststätte. Vorbei an einem Gestellt, einer Sitzbank, die hier KNEIPENTREPPE genannt wird.

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Und dann gibt es hier ein Unternehmen Broiler-Taxis. Broiler war in New Mexico, als ich dort 1994 umherfuhr, der Name für einen Stand auf einem Markt. Und ich dachte tatsächlich: He jippi jäh, schau einer an, da hat es ein Wort aus der DDR bis nach Amerika geschafft. Vielleicht lag meine Meinung auch nur daran, das ein paar Stände zuvor die Indianer eine DDR-Fahne zum kauf anboten, ohne zu wissen, woher die stammt und was das für ein Land ist? Später beruhigte ich mich und ging davon aus, dass die DDR den Begriff übernommen hat, in der Gewissheit, dass Amerika so weit weg ist, es hier niemand mitbekommen würde.

AUS DEM INTERNET IST ZUM THEMA FOLGENDES ZU ERFAHREN:

Nach neuen Sprachforschungen kam der Name Broiler vermutlich folgendermaßen in die DDR: Züchter aus den Ostblockstaaten, allen voran der Sowjetunion, wollten ein besonders fleischreiches Brathuhn züchten, was allerdings nur in bescheidenem Umfang gelang. In den 1950er Jahren hatte allerdings eine Bremer Firma ein solches fleischreiches Huhn aus mehreren alten deutschen Rassen gezüchtet und an eine US-amerikanische Geflügelfirma verkauft. Ob der Name Broiler bereits als Markenname von der deutschen oder erst von der US-amerikanischen Firma verwendet wurde, ist nicht genau bekannt. Gesichert ist, dass über die genannte US-amerikanische Firma der Ausdruck broiler in die DDR kam. Der Grund war der oben angeführte gescheiterte Versuch, das fleischreiche Brathuhn zu züchten. Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe beschloss deshalb Ende der 1950er Jahre, die Hühnerrasse von der US-amerikanischen Firma zu importieren. Dies sollte allerdings aus politischen Gründen über Bulgarien geschehen. Auf diese Weise verbreitete sich der Broiler dann im Ostblock.

Andere Quellen gehen davon aus, dass die Broilerzucht in den 1960er Jahren in der bulgarischen Stadt Tolbuchin entwickelt wurde. Dort gelang erstmals die industrielle Massenzucht von Masthähnchen in zehn Wochen zu einem Gewicht von etwa 1,5 kg. Zur besseren Vermarktung im Ausland benutzte man für die Neuzüchtung den vom amerikanischen Englisch abgeleiteten Namen „brojleri“.

In der DDR wurde zu Werbezwecken auch die Bezeichnung Goldbroiler verwandt. Daraus leitete der Volksmund Begriffe wie Silberbroiler oder Bronzebroiler ab, was etwa gleichbedeutend mit dem Gummiadler (für ein minderwertiges, zähes oder fleischarmes Hähnchen) ist.

Laut DDR-Duden wiegen Broiler nach acht bis zehn Wochen 1,2 bis 1,4 kg, die bulgarischen Masthähnchen in den 1960er Jahren wogen nach zehn Wochen Aufzucht rund 1,5 Kilogramm.

Der Begriff Broiler ist auch in anderen Sprachen gebräuchlich, z. B. im Finnischen broileri und auf Swahili.

ICH STELLE MIR IMMER VOR, wie so ein leicht angefressenes Brathühnchen (unzufrieden mit sich oder seinem Hasenzähnchen) stinkesauer ist, nach der Nullnummer nun aber etwas richtig tierisches erleben will, also mit Kampfhähnen oder Flugenten einen richtig draufmachen möchte – und dann diese Nummer anruft, damit es sicher vor all den neugierigen Blicken und heißhungrigen Mäulern, zu der angesagten Stockenten-Party chauffiert werden kann.

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Alles muss RAUS samt Hund – außer: DER HUND BLEIBT?

 

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