Die Hälfte meiner Tage hier in Magdeburg als Stadtschreiberin 2019 sind um…

Ein Bergfest feierte ich nicht. Ich war, wie immer voll in Aktion und hatte nur wenig Interesse über die Begrenzung meines Aufenthaltes hier nachzudenken, denn die Stunden vom Tag reichen mir ohnehin nie, um all meinen Vorhaben gerecht zu werden. Diese Stadt am Fluss – ich nenne sie inzwischen die ‚Helle‘, ‚Freundliche‘ inspiriert mich weiterhin. Sie hält mich wach, weil sie mich ausschweifen lässt. Ich spüre ihre Grenzen nicht, nur ihre Weite. Genau das, was ich zum Arbeiten brauche. Als ich zum wiederholten Mal im Inneren des Doms war, wurde mir bewusst, dass auch dieser Bau widerspiegelt was die Stadt für mich ist. Hell, licht, einladend und nicht einschüchternd, so dass man sich klein oder gar verloren fühlt, so wie es einem in manchen sakralen, geschichtsträchtigen Bauwerken der Vergangenheit gehen kann.

Drei Lesungen gab es in der letzten Woche mit dem Tag, der die Mitte meiner Magdeburger

Zeit als Stadtschreiberin markierte. Eine der Lesungen war im Fabularium, der sympathischen Buchhandlung von Dorle Lange im Hundertwasserhaus. Es kam, so wie ich es mir jeweils wünsche, auch zu Gesprächen während und nach der Lesung. Ich dachte an ein Interview mit dem Literaturnobelpreisträger von 2010 Mario Vargas Llosa, das im „Stern“ erschien und ein Zitat von ihm als Überschrift trug:

Ein Volk, das nicht liest, ist leichter zu manipulieren“

Wie eine Bestätigung dieser Aussage des 83 jährigen unermüdlich arbeitenden Schriftstellers war für mich die Begegnung mit den von Dorle Lange geladenen Zuhörern. Vorwiegend kamen da Vertreter meiner Generation und sogar noch ältere Leser zusammen. An diesem Abend hörte ich nicht eine negative Meinung zur „Fridays for Future – Bewegung“. Immerhin sind wir alle noch autoritär erzogen, was für Viele zur Folge hat, dass sie sich jetzt -im Alter angekommen-, selbst zur Autorität erhoben glauben und Anerkennung für ihre Lebensleistung, ihre geschaffenen Werte erhoffen oder sogar einfordern. Wenn sich diese Werte aber nun in Automarken präsentieren oder den Reisezielen, die man sich per Flugzeug erobert, bleibt die Bewunderung der Jungen aus, bzw. schlägt sogar um. Man muss sich vorwerfen lassen, falsch – weil egoistisch, die Ressourcen ausbeutend -zu leben oder gelebt zu haben. Das lässt sich keiner gern sagen. Besser also, man zieht die Rückschlüsse selber und man definiert sich über geistige Werte – wo wir wieder beim Lesen angekommen sind, beim Lesen und Zuhören. Uns verbindet der Wunsch, nach neuem verantwortlichen Denken, was Demut und Weitsicht impliziert. Das sollte dann auch die Weisheit sein, die man sich im Alter ersehnt- und die heute einen gewissen Schulterschluss mit den Jungen ermöglicht, den Jungen, die emotional und in ihren gelernten Lektionen richtig liegen, für Ihre Zukunft, für ihr Überleben kämpfen. Wir ( Alten )müssen da wenigstens gedanklich unterstützend agieren und so versuchen, gut zumachen, was wir ‚verkackt’ haben.

Am Samstag gab es auf dem Kunstmarkt in Buckau – nachdem ich vormittags im Forum

Gestaltung an den Proben zu „Olvenstedt probiert‘s“ teilgenommen hatte-, einen Rückzugsort – ein Höfchen, in dem ich lesen und zu Gesprächen einladen konnte. Hier lies ich die Anwesenden Zahlen wählen zwischen 1 und 104, um dann die jeweilige Geschichte aus meinen ‚101Einsatzgeschichten’ vorzulesen. ( es sind nämlich insgesamt 104 , da es noch drei Zugaben gibt — Geschichten in wirklich nur einem Satz!)

Auch las ich aus meinem Buch : „Doppelt verdientes Glück“ : die ganz und gar nicht traurige Geschichte mit dem Titel :

Manchmal zwischendurch bin ich traurig

Eine wieder reiche Woche im hellen Magdeburg ging für mich zu Ende. Erwähnen möchte ich auch die letzte Vorstellung von Gorkis : „Die Letzten“ am Schauspielhaus, die mich in ihrer bedrückenden Aktualität, der klugen spannenden Inszenierung von Milan Peschel und den großartigen Kollegen des Ensembles sehr beeindruckt hat.

Zitat aus Gorkis ‚Die Letzten’

„Sind Kinder verpflichtet, …alles gutzuheißen, was ihre Eltern verbockt haben….? —wir baden aus, was ihr falsch macht“

Im Café Central war ich vergangene Woche auch zu einer Lesung geladen. Die sich dort versammelnde Runde passte zwar um einen Tisch, aber es liegt mir fern, wegen der ‚Nichterschienenen‘ , die Anwesenden mit schlechter Laune zu strafen. Wir haben es uns auch im kleinen Kreis gut gehen lassen. Auch da durfte gewählt werden, was ich lesen sollte und ich habe erzählt, bzw jede Frage zugelassen und zu beantworten versucht.

Alles gut – für mich -im hellen Magdeburg, ich darf natürlich nicht vergessen, dass mein Hauptauftrag die Fertigstellung meines Romanmanuskripts: „Zerbrechliche Welten“, ist…

jaaaa ! —da bin ich dran und zum Korrigieren zwischendurch immer wieder an der Elbe.

An den Fluss zieht es mich, wie übrigens den Protagonisten meines Romans auch. Die einzig artige großzügige Flusslandschaft in mitten der Stadt und um Magdeburg herum — sie macht die Stadt grenzenlos, öffnet sie zum Meer — ins gedanklich unendliche …

 

 

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