Der zweite Tag ist männlich.

DSCN0508

Er beginnt mit diesem seltsam erscheinenden flachen Betondings, das da in der Mitte eines plätschernden Wasser wie eine gewrungener Wischlappen herauswächst. Wenn man gutartig denkt, kann man es mutwillig als eine Korallenlappen oder eine missglückte, viel zu große grobe Nudel interpretieren. Wer weiß, dass es sich um eine Arbeiterfahne handelt, wird froh darüber hinwegsehen, dass sie nicht rot ist. Dieser Rochen aus Beton steht auf einem zweistufigen flachen Podest, platt wie diese Schokoladenplätzchen mit Minze gefüllt, nur eben zwei davon übereinander zu einem eckigen Treppenpodest ausgelegt. Und die einzelnen Wasserstrahlen spritzen aus viereckigen Podesten zu diesem Monstrum hin. Die Spritzblöcke sehen wie die Startblöcke bei Schwimmwettbewerben aus, von denen aus die Schwimmer ins die Wasserbahnen schießen. Aber die Spritzer versagen eher, als dass sie die Betonfahne je erreichen werden. Sie sind im Kreis zu Fünferbündel gruppiert. Außen sammelt sich das Wasser in einer Rinne. Dazwischen gibt es ein paar Beete mit Blumen. Auch diese eher spärlich angelegt, wie kleine Badehandtücher hingeworfen auf denen sich die Pflanzen zum Sonnenbaden drängen. Hier beginnen sie ihre zweite Radtour durch den Ort, besser aus dem Ort hinaus. Den Uferweg entlang bis sie zum Denkmal mit dem Fährmann kommen.

DSCN0509

Was, das soll ein Fährmann sein, ruft sie gackernd aus? So wie der mit einer Klosterbruderkutte angezogen ist, wird er der erste an Bord sein, der in Sekundenschnelle absäuft, wenn die Fähre kentert und sich sein Umhang mit Wasser vollsaugt.
Auf vier Sockeln vor der hohen Stele mit diesem dick angekleideten Fährmann oben auf, der eine Art Surfbrett der Menschheitsgeschichte rudert, stehen vier Sockel und einer hinter ihr. Da sind irgendwelche Motive ausgeführt, die viele Menschen zeigen, die etwas in der Hand halten, sicher auch für etwas einstehen, mit symbolischen Handlungen beschäftigt sind, von ihrer Kleidung und Körperhaltung her für gewissen Gruppierungen und Stellungen in der Gesellschaft stehen. Das wollen sie sich nicht anschauen, davor graut es ihnen, wie es aussieht, denn sie halten nur kurz an, wie man anhält und die Räder stoppt für jemanden, den man befragen will und dann stellt man fest, dass er sich überhaupt nicht auskennt.

Länger halten sie sich vor der Plastik inmitten der Parkanlage entlang des Radweges auf, von drei mal drei blauen Sitzgruppen im Halbrund flankiert. Da sind zwei Mädchen zu sehen, die sich bei ihren rechten Händen am ausgestreckten Armen halten und im Kreise drehen, was an ihren weit nach hinten verrenkten Körperhaltungen und den wehenden Pferdeschwanzstummel des linken Mädchen gut zu sehen ist. Sie beginnt sofort das dazugehörige Lied zu trällern. Man dreht und dreht sich bis einem davon schwindlig wird, man zu taumeln beginnt und loslassen muss oder hinfällt. Sie hat das in ihrer Kindheit ausdauernd gespielt und ihr ist kaum einmal von den vielen Drehungen schwindelig geworden Des hat sich bei ihr zum ersten Mal auf dem Dorftanzplatz ereignet. Ein Fall von plötzlicher Liebe, sagt sie, und der dazu gehörigen Schwächung auf der ganzen Linie. Da hat sie ihm nur in die Augen gesehen und von seinem Anblick ist ihr schon allein so seltsam geworden.

Kein Wunder. Ein lange Weile habe ich mich überwinden und mit dem Wirbel mithalten können, dann aber wurde ich von einer unbekannte Macht ergriffen und alle meine Sinne taumelten nur noch, ich hob ab, verlor den Halt unter meinen Füßen, und flog um ihn herum durch die Luft. Wie als wäre ich beim Eiskunstlauf, er mein Partner, hielt er mich, und ich wirbelte kleine Pirouetten. Vom Rand der Tanzfläche aus muss es professionell gewirkt und erhaben bis anmutend gewirkt haben, wie ich der Ohnmacht nahe mit geschlossenen Augenlidern mich von ihm habe schleudern und drehen lassen. Um dieses Paar kuglige Büsche in hellem Grün und Violett

.DSCN0512

Hockendes Paar 1979 heisst die nächste Plastik auf einem Sockel mit einem Schild versehen, darauf geschrieben, um welchen Künstler und welches Werk es sich handelt. Das ist schon ein Paar ganz inniglich miteinander zu einem Liebesklumpen geformt. Er nahezu kniend und dazu noch ihr zugeneigt, die sie von ihm in eine Waagerechte gehoben worden ist. Seine starke Rechte greift ihr zwischen ihre Beine, mit kräftigem Griff hat er ihren Po gepackt und ist gerade dabei, sie so kraftvoll und gezielt anzuheben, dass sie nur noch mit der letzten großen Zehenspitze ihres rechten Fußes am Boden haftet. Man könnte um die Figur herumgehen und nachsehen, ob von ihrem Gesicht überhaupt etwas zu entdecken wäre, es nicht im Kuss verschwindet. Sie lassen es sein. Zu eindeutig ist diese intime Pose und der ihr innenwohnende sexueller Trieb dargestellt.

Sie besteigt ihm voran das Damenrad und fährt schweigend weiter.

DSCN0513

Ins muntere Gespräch kommen sie wieder an einem eckigen Brunnen mit kleinen flachgehaltenen Wasserfontänen, in dessen Mitte eine hohe Stele errichtet worden ist, von drei kleineren umlagert, die Fischmotive aufweisen. Stilisierte, flache Heringe, zu denen das matte Silbermaterial passen täte. Und auch so eine Art Flunder ist darunter. Die kleben und schwimmen um die runden und halben gedrittelten Säulen herum, wie um Pfähle und Poller unterhalb des Wassers befindlich. Im Hintergrund ein überwachsener Gang, das Grundgebilde in tiefes Meerblau gehüllt, von kleinen Blüten verziert.

Und dann sind sie schon am Museum für den stadtbekannten Mann und Erfinder, dem wir die Luftpumpe verdanken. Ja, beharrt er, die Luftpumpe, weil sie es nicht gleich glauben will. Das war so eine Nebenbei-Erfindung von dem Typen. Berühmt ist er hier mit seinem Experiment geworden, diesen Halbkugeln, die er öffentlich locker zusammengefügt hat und dann alle Luft herausgesaugt. Und nun, hat er behauptet, könnten sechzehn Pferde die Kugeln, die eben noch ein Kind zusammengefügt hat, nimmer auseinander bekommen. Huhu, lachte das ungläubige Volk, sechzehn Pferde gegen ein Kinderspiel. Und dann spannten sie die Gäule an, die kräftigen, ließen die Peitschen erst müde klingen. Doch die reichten nicht hin als Antrieb, die Pferde mehr zu motivieren, dass die sich ins Zeug legten. Also schwangen sie ihre Leder heftiger zum Schuss erbarmungslos auf den Boden. Alles umsonst und mehr als vergebens, denn der Mann, der seine Behauptung in den Raum gestellt hatte, behielt recht. Seine luftleere Kugel blieb beisammen im Raum über den Boden schwebend. Des Tauziehen war gegen die Pferdestärken für sich entschied. Eines nach dem anderen gaben die Pferde auf, glitten hin, gingen in die Knie und zu Boden, ließen schnaubend von aller Anstrengung ab.

SAM_0129

Sie steht da schon vor einem Gebilde, das sie nicht versteht. Soldat und Kind. Nein sagt er. Hier handelt es sich bestimmt nicht um einen Vater, von seinem Sohn begrüsst oder zur Armee verabschiedet, wie sie denkt. Hier ist ein Kind als Symbol aufgeführt, das sich für das Soldatentum begeistert und sicherlich gebettelt hat, der Soldat möge es hochnehmen, dass es die Soldatenmütze an dem Soldaten anfassen kann. In diese intime Situation hinein hat der Meister seine beiden Protagonisten gerückt. Wie der Soldat dabei das Kind an dessen Hintern und Rücken packt, es an sich drückt und das Kind so breitbeinig an sich drückt, findet sie beinahe abstoßend, irgendwie pervers. Wenn das nicht Vater und Sohn sind, dann ist das hier schon beinahe pädophil zu heißen. Sie wollen sich darin nicht weiter vertiefen. Der Verdacht reicht ihnen aus. Sie ist dafür, dass so eine Figur verschwindet und sagt in lauter Entschiedenheit: He, 1973 hat man noch so einen Scheiß gemacht.

hafende

Das Hafengelände ist mehr ein riesiges Becken mit Schienenstrang und auf ihnen winzig wirkende Lastenkräne. Hinten stehen die Speicherhäuser und wirken nicht sonderlich groß und beeindruckend. Das kommt erst zustande, fährt man langsam auf sie zu. Dann gewinnen sie an Größe und Pracht und man ist bei ihrem Anblick sofort an Hamburgs Speicherstadt erinnert. Nicht viel anders sehen dort die Lagerhäuser aus. Diese hier würden sich mühelos dort sofort eingliedern lassen, keine Lückenbüßer sein.

tor19raddampf

 

Schöne Kunstwerke ergeben sich mitunter nebenbei. Hier ist es eine lange dunkle Wand mit himmelblauen, von der Witterung bearbeiteten Toren, die wie für eine Freiluftausstellung errichtet scheinen. Und dann ist da noch das rostige, haltbar gemachte Teil des hinten zu entdeckenden Dampferd, das jede Weltkunst bereichern sollt. Zudem sagt er ihr, wie sehr ihm die Zahl Neunzehn am Herzen liegt. Sie verrät ihm die seinige Zahl: Fünf, weiß selber nicht warum.

gekreutzigter täve

Es ist natürlich für jedermann möglich, ein Denkmal einfach einmal anders in die Linse zu rücken, dass aus dem Gekreuzigten von Cremet eine Art Kingkong-Pose gegen Himmel und Laubbaum wird. Es scheint so gar, als teilte dieses Monster gerade die Wolken und verschaffe sich einen blauen Hintergrund beziehungsweise könnte die kraftprotzige Tat den Versuch darstellen, das Grün des Laubes mit dem Weiß der Wolken zu verschweißen. Als wolle Kingkong hier den blauen Himmel hinter sich zuhängen und aus seinem Umfeld verdrängen. Einen Himmel für sich (mit weißer Inschrift) hat hier TÄVE für sich errichtet, sozusagen Himmel am Bau in Blau geschaffen.

Comments are closed.