GÜNTER GRASS von mir fotografiert. Hier im Gespräch mit Schreib-Kollegen Martin Jankowski an einem Tisch in Wewelsfleth, ein paar Tage bevor Grass den Roman mit seinem Geständnis, bei der WaffenSS gewesen zu sein, herausbringen ließ.
Zwei Tage bevor GRASS seine letzten Gedichte als Buch veröffentlicht werden, habe ich ihn bereits parodiert. Heute in die WELT nachzulesen, für alle Leute auf diesen Seiten auf dieser Seite völlig frei Haus:
Im Göttinger Günter-Grass-Archiv wurde es schon präsentiert: „Vonne Endlichkait“ heißt das letzte Buch des im April verstorbenen Literaturnobelpreisträgers. Es enthält Prosa und Zeichnungen und Gedichte. Vorabexemplare gab es leider nicht: Grass‘ letztes Buch sollte nicht als Loseblattsammlung verschickt werden. Wir wollten trotzdem nicht warten und haben den Bachmannpreis-Gewinner Peter Wawerzinek gebeten, Grass‘ letzte Gedichte quasi vorauszuahnen.
Letzter Wunsch
So etwas sollte mir noch passieren
Kann zum Himmel empor springen
und kopfüber marschieren
Würde am liebsten Sterne essen
den gesamten Weltraum leer
ohne einmal zu pausieren
(Dies wünsch ich mir heimlich so doll
weiß nur nicht wie es mir gelingen soll?)
Letzter abwegiger Gedanke
Immer soll das Gute siegen. Würde
gern auch die Bösen lieben. Würde
gern Hyänen dazu bringen, dass sie
meine Lieder singen, meinen Texten
lauschen, sich an meinen Bildern
berauschen, und würde gern (ohne
es aufzubauschen) im Märchenland unter
der Hand mit der Pechmarie tauschen.
Letzte Klage
Tintenschwarz ist es, wo die Nacht
Eule sitzt und schweigt, wohinein
der Mond sein Gesicht birgt, das
Mädchen nur noch bettelt: Ach
Mütterlein, setz mir die Tarn
Kappe auf will ich zum
Liebsten gehn
Letzte Angst
Zusehen müssen, wie meine Schriften
Krumen gleich ausgestreut von den
hungrigen Vögeln aufgelesen werden.
Darf gar nicht daran denken,
was mit mir geschieht? Ob
ich die Vögel verfluche, ob
ich sie alle vertreibe, die
Krumen aufzulesen suche?
Wobei mir klar sein sollte, dass
dann das weite, weite Feld wohl
unabänderlich brachliegen bleibt.
Letzte Trauer
Vorwärts und nicht vergessen!
Genossen, ist vergessen.
Da ist kein Brennholz
mehr im Kamin.
Die Kinder der
Revolution
sind angefressen.
Von großer Zukunft
befreit ist unsere Zeit,
von revolutionären Ideen,
den geilen, den mutigen, braven
auch, denn sie schlafen weiter – unterdessen.
Letztes Fazit
Abend wird es wieder
über Wald und Feld
senkt sich Friede nieder
und bedämmert die Welt.
Und der Poet übergiebet
sich am Felsen dort
Wort für Wort fühlt sich
wer ungeliebet
weiter immerfort.
Sein Würgen aber bringet
noch größren Schmerz hervor.
Säuerlich die Glocke klinget
ihm im abendlichen Ohr.
Letzte Erfahrung
Gruppe 47
Wir lebten mit Wölfen im Land
Es war kalt um uns Wir tranken
sauren Wein, stopften die Pfeifen
knirschten uns nur an Wie Sand
im munteren Treiben Knabberten
nur am 47er Kuchen Verschenkten
lyrische welke Blumen Jeder von
uns mit sich & seinen Texten allein
Foto: Horst Galuschka/picture alliancePeter Wawerzinek ist schon immer gern in fremde Kleider geschlüpft. Seine witzigen „Raubzüge durch die deutsche Literatur“ von 2011 zeigten die ganze Virtuosität dieses Autors in der Nachahmung berühmter Kollegen. Als Gewinner des Bachmann-Preises 2011 war der 1954 Geborene wieder in den Fokus der Literaturwelt gerückt. Aktuell ist Peter Wawerzinek Stadtschreiber in Magdeburg
Letztes Geständnis
Früher hatte ich Angst in den Wald
zu gehen. Heute tanze ich auf den
Brettern seiner Bäume, trinke Wald
Meisterlimonade, setze mich zu dem
Waldarbeiter, lese sogar Texte von
Walden und war auch schon einmal
zu Gast im schönen Waldsieversdorf.
Unsere nächsten Enkelkinder sollen
Waldemar und Waldraut heissen, rufe
ich der Ilsebill zu. Nur sie allein weiß
von meiner ureigenen Angst und aus
welchem Holz die geschnitzt worden ist.
Letzte Weisheit
Mit Willi Brandt, Amundsen
und Scott habe ich eins gemein:
Wir brachen auf zu den Polen.
LEO Glücksmoment
© Veranstalter
Vergnügen ist „Grenzenlos“
Veröffentlicht am Montag, 24. August 2015
Am 26. September wird die Nacht zum Tage gemacht. Zumindest an der Elbe. Dann steht die Magdeburger Kulturnacht auf dem Programm. Das Vergnügen ist „Grenzenlos“. So der Titel der Nacht, in der ab 19 Uhr diverse Einrichtungen ihre Pforten weit öffnen und der Vielfalt der Magdeburger Kulturszene ein Podium bieten. Wo sonst sollte der Startschuss für die Kulturnacht fallen als auf dem Domplatz? Stadtschreiber Peter Wawerzinek bringt den Stein ins Rollen. Ihm zur Seite stehen die Theaterballettschule, Komponist und Pianist Burkhard Schmidt und die Taiko-Trommler der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt. 29 Veranstaltungsorte gibt es in der Nacht. Keine Sorge. Wird der Weg zu lang, hilft die Kulturnacht-Sonderbuslinie „2025“.