Brauerei DIAMANT

diamantJa, sicher. Das ist die Brauerei, sagt eine der zwei älteren Damen, die ich nach dem Gebäudekomplex befrage. Ich habe dort fünfundzwanzig Jahre gearbeitet. Und ihre Freundin nickt und lacht. Denken sie an. Sie verlachen die Sehnsucht und lassen Bitternis nicht aufkommen. Die Zeiten sind doch wirklich seltsam, nicht wahr. So Riesending. Und plötzlich braucht das keiner mehr. Wenn man mit dem Zug nach Magdeburg fährt, Bahnhof Neustadt, grüssen sie einen. Der Schornstein, die kleinen, hier inzwischen gewachsenen Bäume auf den Dächern, die Zinnen, Türmchen. Muss mal echt riesig gewesen sein, anhand der verbliebenen Bauten, die hinterm Einkaufsparadies mächtig aufragend zu sehen sind. Heute kann man aus der Handtasche brauen, sage ich, um etwas zu sagen, deswegen sind die großen Betriebe nicht mehr konkurrenzfähig. Was nun also damit anfangen? Leerstand ist ja unschön. Irgendwo haben sie aus der Substanz schicke Altenheime und Residenzen entstehen lassen, angenehmer zu bewohnen als Neubaublöcke. Man stromert auf solchen Geländen sehr schön, ist wieder der Junge, der man einmal war und möchte am liebsten überall hineinkriechen, alle Treppen und Leitern bis nach ganz oben nehmen. Ein guter Traum. Die Realität spricht eine hilflose andere Sprache, die des Zerfalls.

brauhaus

Ein Flachgebäude drängt sich ins Blickfeld. An der Seite sind auf hellem Grund einige Überlieferungen zu betrachten. Handgemalte Wandbilder, die an die goldene Zeit erinnern. Stadt und Land trinkt Diamant, steht da geschrieben. Und man sieht ein Fass die schiefe Ebenen herunter rollen. Blumen, Korn, Wolken, Feld. Die Natur, als alles noch so in Ordnung gewesen war. Vorne sieht das Gebäude demoliert aus. Fetzen von altem Gemäuer sind da wie Fladen zu betrachten. Weißer Putz. Rechts mit Wein und Reben bemalt. Naive Kunst. Eine neue Tür ist neben die alte Tür hinzu gemauert worden. Richtige Ziegeln um sie herum. Man sieht einen Aushang, einen Briefkasten, Geländer, Blumentöpfe. Und oben unterm Dachgiebel sind da zwei Leuchtkästen angebracht: Diamant Pilsner, Diamant Pilsner. Die fristen rechts links vom Zentralschild Brauhaus ihr Dasein.

Hinein könnte man, Bier kann man hier auch vielleicht konsumieren. Ich überprüfe es nicht. Sieht aus, als würden ein paar Hartnäckige hier noch einkehren. Ich will nicht wie der Tourist wirken oder einer, der dem Ganzen hier auch den Garaus machen könnte. Wird ein Verwaltungsgebäude gewesen sein? Eventuell mit einem Saal.

An der Seite hat sich ein Verkaufsladen etabliert. Dunkle Ziegeln, rötlich. Türmchen. Aber auch schon Wildwuchs. Irgendwie schien zwischen den beiden Komplexen eine Verbindung, in Form einer Brücke bestanden zu haben? Ein Tunnel in den Wolken?

Schade, dass es die BierBörse gab und kein einziges Magdeburger Bier angeboten worden ist, denke ich, weil es die Ruinen, aber keines sonst hier gibt. Ich habe auch nur ganz wenige, beinahe gar keine regionalen Biere dort angetroffen, fällt mir auf.

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