Mein Fahrrad heisst Marion, Magdeburg nenne ich manchmal MARMELA-de-burg

Ein Fahrrad habe ich ja nun. Es stand an meinem Bett hier oben die Nacht durch. Es musste in meinem Zimmer stehen, weil Magdeburg eine Fahrrad-Klauer-Stadt ist, hat man mich gewarnt. Ich habe es Marion getauft, weil ich es am Tag als Marion Brasch hier im Forum Gestaltung die Lesung zu ihrem Bruder zelebrierte, in einem Magdeburger Kaufhaus gekauft habe. Einfach so. Als Nachahmer sozusagen, dazu angestiftet. Da standen ein Mann, weißer Bart, streng rasiert, so auf richtige Kürze gebracht und mit ordentlichen Ränder, Typ Lehrer oder Ägyptologe und eine dicke Frau, bunte flattrige nach unten spitz zu laufende Hose. Die zulaufende Spitzhose war das einzige was bei der Frau so einigermaßen lief. Sie schwankte mehr wie ein Pinguin, um vorwärts zu kommen. Sie stoppte vor der Rolltreppe, dass alle hinter sie zusammenprallten, so vehement. Sie plapperte etwas davon, dass sie Rolltreppen neuerdings nicht mehr mag, seit ihr einmal eins Sache herunterfallen ist oder so. Die waren behäbig. Die hielten sich bei den Händen. Die waren ständig vor uns und wählten einen Weg, dass man einfach nicht an ihnen vorbeikam, nur durch einen herzhaft-spontanen Sprint, den ich dann mit einigen anderen wagte. Und dann standen die beiden vor einem Rad, als ich da vorbeikam. Ein jugendliches Ras, 26er denke ich. Mit so Bogen nach hinten als Rahmen und ohne Schutzblech und geformten Reifen, die wie Gebisse aussehen. Ein Hyperrad also, das sie sicher nicht für sich kaufen. Ein sportliches, schwarzrot gefärbtes Rad a la bikelike. Die diskutierten nicht lange. Die wartete auf die Verkäuferin und kauften es, und führten es wie ein Familienmitglied liebevoll ab.
Und ich sehe dann Marion, als Marion noch nicht Marion heißt. Und kaufe das Rad dann auch ohne lange zu fackeln. Ist eine Tüte beigelegt, mit Werkzeug, jubeli, sagt die Verkäuferin. Nein, nein, das ist nicht immer der Fall. Glück gehabt, junger Mann. Sagt Jungermann zu mir, hehe. Das Ding ist dann mein und ich muss es mir erst zu einem Rad zusammenpuzzeln. Da etwas schrauben. Dort etwas einbauen, anpassen. So in gebückter Haltung, mit meiner Umhängetasche, die dauernd dazwischen gerät und scheinbar mir beim Schrauben behilflich sein will, geht das nicht. Ich würde sonst ja mehr und mehr genervt sein und in Schweiß geraten. ich würde hektisch arbeiten und unter diesen Leuten leiden, die da kommen werden und lauter Ratschläge erteilen (Rad-Schläge austeilen). Nein nein. Ich bringe mich und mein Rad von hier rasch fort zu einem neuen Ort, proper ins Büro. Dort kann ich die Puzzelei ganz ungestört in bester Ruhe langsam Schritt für Schritt erledigen. ich kann mir übers Netz einen Montagebericht ansehen und mache dann weniger falsch.

kugel9

Ich habe ja im Forum ein Büro. das heisst, wir haben ja ein großen Büro im Form Gestaltung, das nenne ich Peter & Peter, weil da zwei Peters arbeiten. Peter, der Student und Praktikant. Peter der Radbastler und praktikante Stadtschreiber zu Magdeburg.
Denke ständig nach, übrigens, wie man Magdeburg vom Namen her definieren kann: MARKTdeburg. MACHTdeburg. MAMAburg. MARMELA/deburg. MADE in BURG. Muss jeden Tag eingen Dingen, mit denen ich zu tun habe, Namen geben. See ist dann Lotus. Deutschland ist ddemnach Terra Mater. Goethe heisst bei mir Schnuller. Schiller heisst bei mir Kantor. Stalins Datsche nenne ich Jauche. Handy ist Sofa. Brot ist Mozart. Butter ist Hinrichtung. Yoghurt ist ein toller schwarzer Schnauzer mit der Gabel zu löffeln oder so. Haare sind Handschuhe, Musik ist Klebstoff, ein Buch wird zum Gärtner, und so weiter und so fort. Und morgen wechselt das bei mir automatisch. Das aber nur nebenbei gesprochen. Es ist ja auch etwas peinlich, wenn einer so einen Spleen hat wie ich. Wenn die Stadt als Wort plötzlich eine Frau ist, Magdeburg eine Medusa wird, ich mein neues Fahrrad ein Trampolin nenne oder Ruhekissen. Aber das möchte ich lieber für mich ganz geheim halten, dass ich jeden Tag ein paar Dingen andere Namen gebe.
Also dann war Probefahrt entlang der Elbe. Gucken, dass nix wackelt, schleift, klappert oder gar sich löst und abfällt. Und heute fahre ich dann für ein paar Stunden durch Magdeburg, von Magdeburg weg und wieder zurück, in die Umgebung. Der „Mückenwirt“ wird als Ausflugskneipe den Anfang darstellen. Eine Fähre gibt es auch. Ich kann also Kapitän sein, für die Überfahrt mich als ein solcher fühlen. Ein Wort das ich auch mag ist: unpässlich. Und das nächste Mal schreibe ich über die Lesung im Forum, ja.

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