Ja, ich bin mit dem Radl aus

Einfach so mit Rad umher. Mehr wollte ich nicht. Und man macht ja immer kleine Entdeckungen. Gleich zum Anfang ist es eine Maschine zum Eicheln vom Bürgersteig sammeln.

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Nehmen sie nicht die mit nur einem einer Drehbürste. Das müssen derer schon zwei sein. Fünfzig Euro beim Baumarkt.
Ich lichte das kleine Wunderding ab, lasse mir noch zeigen, wie es innen mit ihm bestellt ist:
Sack, Tüte oder?
Einfach so, sagt de Frau, die Eichelmaschinistin.
Das ist weiter nischte.
Öffnet das etwas, hebt den gelben Kasten heraus, zeigt dass er halb voll oder halb leer (wie man es bewerten will?) ist mit Eicheln.
Kleine Dingerchen. Schnell und problemlos eingefangen.

In der Bäckerei u. Conditorei Schoch gibt es Prasselkuchen. Bei der Schrift an der Fassade frage ich mich schon: Warum u und Punkt? Und wieso Konditorei mit C am Anfang? Sind das rein weg ästhetische Betrachtungen? Haben die Verursacher einen französischen Touch gehabt? Ist dieser Ur-Schoch etwa ein ganz besonderer Mann gewesen, einer der Buchstaben einspart, wo es nur geht und das C nun einmal nobler als das schnöde K im Schriftbild ansieht?

Prasselkuchen gab es bei uns an der Ostseeküste. Wenn man nur wüsste warum? Denn Prasselkuchen stammt aus einem ganz anderen Kulturkreis, sagen wir mal dem Vogtland. ich bin mir gar nicht sicher. Aber in Rerik, einem Ostseebad, gehört dieser Kuchen nicht hin. War auch kaum zu verkaufen. Die standen mehr auf Bienenstich, Schnecke, Zopf, Mohnkuchen, Rumkugeln, Pflaumenmus. Was der olle Bauer nicht kennt kauft der Fischkopp auch nicht ein. Ich ja. Ich musste Prasselkuchen einkaufen. Ich wurde deswegen zum Bäcker geschickt. Die Adoptivmutter stand nun einmal schwer auf Prasselkuchen. Und der musste knattertrocken sein und, wie gesagt, prasseln, wenn man in ihn hinein biss. Sie biss in ihn hinein, prasselte was der Kuchen hergab und grinste zufrieden über das Prasselgesicht.

Gegenüber ist da auch gleich ein Fleischer:

FLEISCHEREI
Fleisch- und Wurstwaren
Backwaren
&
Warmes Essen, Kalte Speisen
Beilagen
PARTYSERVICE

steht auf dem Schaufenster so fett und in groß geschrieben, dass man durch die Scheibe nicht sehen kann, was es so alles gibt. Und wieso das K für kalte Speisen groß geschrieben wird, frage ich mich nur nebenbei. Geschmacksache.
Also gehe ich hinein, obwohl ich ja keine Party stattfinden lassen will. Und schon springen mir, wie man so sagt, obwohl sie ja nicht springen, Einweckgläser in mein Blickfeld. Blut, Leber, Sülz. Na, da schlage ich doch zu, für Einsfünfzig das Glas. He he. Bin ja Sülz- und Blutwurst-Fan schon seit ich sieben, acht Jahre alt war. Habe so gar einen Song geschrieben:

Blutwurst du hilfst gegen Durst, juhu.
Blutwurst auf der Stulle, stillt den Hunger
wie zischendes Bier aus eise-kalter Pulle.

Und mein Sülzwurst-Poem geht so:

Sülze ist sauer
Sülze gibt Power
Sülze ist nicht jedermanns
Gelee weil sie vom
Schweinekopf stammt

Sülze schmeckt ohne Brot
Sülze vom Schwein mausetot
macht Wangen rot.

Sülze, oh jee mi nee,
stöhnen die
sülzeunverträglichen
Weiber, Sülze wie?
Vom Schweinekopf?
Aus dem Schweinekoppkochtopf?
Nöö danke nö nix
für uncool lieber nöö nöö.

Eine Kneipe heißt hier Schöne Ecke und hat sich wirklich an einer schönen Ecke etabliert. Ist dicht zurzeit. Gut so, muss ich nicht pausieren, kann ich weiter radeln. Vorbei an der Gaststätte. Vorbei an einem Gestell, einer Sitzbank, die hier KNEIPENTREPPE genannt wird.

An einer Fassade in Gelb zwei Dinosaurier, so groß an die Wand gepinselt, dass man sagen kann: lebensgroß. Und das in der Schillerstraße, der ja auch überlebensgroß war in seiner Dichtung, also fast so gigantisch wie der Saurier Goethe, spielt Flöte, auf Schillers Piller, sangen wir als Kinder nicht minder. Übrigens geht man in Magdeburg pfleglich mit den großen Geistern der Vergangenheit um, die vor zweihundert Jahren alle hier zusammen gekommen und aneinandergeraten sind. Die Freundschaft zwischen Schiller und Goethe wurde hier besiegelt. Novalis war da, Hölderlin und, siehe da, Fichte ist es immer noch (hier mein Bild zum Beweis.)

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ACHTUNG ACHTUNG das Antik Café macht dicht!
Der Antikmarkt ist bis auf wenige Möbel bereits abgebaut.

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Eine Kneipe heißt hier Schöne Ecke und hat sich wirklich an einer schönen Ecke etabliert. Ist dicht zurzeit. Gut so, muss ich nicht pausieren, kann ich weiter radeln. Vorbei an der Gaststätte. Vorbei an einem Gestellt, einer Sitzbank, die hier KNEIPENTREPPE genannt wird.

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Und dann gibt es hier ein Unternehmen Broiler-Taxis. Broiler war in New Mexico, als ich dort 1994 umherfuhr, der Name für einen Stand auf einem Markt. Und ich dachte tatsächlich: He jippi jäh, schau einer an, da hat es ein Wort aus der DDR bis nach Amerika geschafft. Vielleicht lag meine Meinung auch nur daran, das ein paar Stände zuvor die Indianer eine DDR-Fahne zum kauf anboten, ohne zu wissen, woher die stammt und was das für ein Land ist? Später beruhigte ich mich und ging davon aus, dass die DDR den Begriff übernommen hat, in der Gewissheit, dass Amerika so weit weg ist, es hier niemand mitbekommen würde.

AUS DEM INTERNET IST ZUM THEMA FOLGENDES ZU ERFAHREN:

Nach neuen Sprachforschungen kam der Name Broiler vermutlich folgendermaßen in die DDR: Züchter aus den Ostblockstaaten, allen voran der Sowjetunion, wollten ein besonders fleischreiches Brathuhn züchten, was allerdings nur in bescheidenem Umfang gelang. In den 1950er Jahren hatte allerdings eine Bremer Firma ein solches fleischreiches Huhn aus mehreren alten deutschen Rassen gezüchtet und an eine US-amerikanische Geflügelfirma verkauft. Ob der Name Broiler bereits als Markenname von der deutschen oder erst von der US-amerikanischen Firma verwendet wurde, ist nicht genau bekannt. Gesichert ist, dass über die genannte US-amerikanische Firma der Ausdruck broiler in die DDR kam. Der Grund war der oben angeführte gescheiterte Versuch, das fleischreiche Brathuhn zu züchten. Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe beschloss deshalb Ende der 1950er Jahre, die Hühnerrasse von der US-amerikanischen Firma zu importieren. Dies sollte allerdings aus politischen Gründen über Bulgarien geschehen. Auf diese Weise verbreitete sich der Broiler dann im Ostblock.

Andere Quellen gehen davon aus, dass die Broilerzucht in den 1960er Jahren in der bulgarischen Stadt Tolbuchin entwickelt wurde. Dort gelang erstmals die industrielle Massenzucht von Masthähnchen in zehn Wochen zu einem Gewicht von etwa 1,5 kg. Zur besseren Vermarktung im Ausland benutzte man für die Neuzüchtung den vom amerikanischen Englisch abgeleiteten Namen „brojleri“.

In der DDR wurde zu Werbezwecken auch die Bezeichnung Goldbroiler verwandt. Daraus leitete der Volksmund Begriffe wie Silberbroiler oder Bronzebroiler ab, was etwa gleichbedeutend mit dem Gummiadler (für ein minderwertiges, zähes oder fleischarmes Hähnchen) ist.

Laut DDR-Duden wiegen Broiler nach acht bis zehn Wochen 1,2 bis 1,4 kg, die bulgarischen Masthähnchen in den 1960er Jahren wogen nach zehn Wochen Aufzucht rund 1,5 Kilogramm.

Der Begriff Broiler ist auch in anderen Sprachen gebräuchlich, z. B. im Finnischen broileri und auf Swahili.

ICH STELLE MIR IMMER VOR, wie so ein leicht angefressenes Brathühnchen (unzufrieden mit sich oder seinem Hasenzähnchen) stinkesauer ist, nach der Nullnummer nun aber etwas richtig tierisches erleben will, also mit Kampfhähnen oder Flugenten einen richtig draufmachen möchte – und dann diese Nummer anruft, damit es sicher vor all den neugierigen Blicken und heißhungrigen Mäulern, zu der angesagten Stockenten-Party chauffiert werden kann.

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Alles muss RAUS samt Hund – außer: DER HUND BLEIBT?

 

Lesungen im Sommerloch gibt es noch

Kurze Rezension zur Lesung von André Schinkel

bogenschus

Ja, so viel steht nun einmal fest, sechzehn Personen, also Zuhörer, im Literaturhaus Magdeburg, he Leute und das an einem Sommerabend ab neunzehn Uhr, wo die Medien ununterbrochen die angstmachende Nachricht dudeln, wir würden in der gleichen Nacht in die Sinn-Flut der Sternschnuppen geraten, von Sternschnuppen (die mir zum Beispiel völlig schnuppe sind, eher liebe ich Glühwürmchen), sternschnuppen-pitschnass berieselt werden hier auf Erden, ist doch eine absolute, mehr noch, eine gute Kenngröße für den Lesenden, noch dazu, wenn dieser aus Halle stammt, von der Stadt also herüber gekommen ist, von der man hier weiß, dass die Magdeburger eben Halle nicht so auf ihrer Lieblingsliste zu stehen haben, wie im Fussballstadion jüngst erlebt, ich sage nur: Pokal liebe Leute, und sie alle aber auch alle nur: alleallealle gegen Halle geschrien haben, und man muss doch einmal sehen, he, die Leute sind da an der Lesung drangeblieben bis zum Schluss, nun freilich dieser Schluss, Kinderkinder, der dann im Haus leider viel zu abrupt erfolgt, die letzten Worte kaum verhallt, wird dem Dichter beinahe der Stift zum Signieren aus entrissen, alles um uns abgebaut, eingepackt, und die Chefin selbst kommt nicht mit zum Mückenwirt, hat Besseres vor, ihr Personal ist flutsch schon mit dem Schlusspfiff elegant weggeschlüpft, alles wird hier dann doch ratzbatz & lieblos abgehandelt, ein riesiges Problem, das hier wohl keiner derVeranstalter hat – die Nachbehütung, Nachsorge des Gastes, der sich hinaus geschupst rasch mit seinen paar Fans zu verdrücken hat, binnen der erstaunlichen, nicht einmal Viertel Stunde, waren alle Fenster dicht, Türen einbruchssicher abgeschlossen, die privaten Autos mit den Veranstalterinnen weggedüst und man, ich und der Dichter mit drei seiner Begleiter, unter uns oder sich allein, wie als wäre man ein kurzer Werbespot im Kinosaal der Literaturveranstaltung gewesen, kurz zum Aufflackern bestellt und nicht weiter berücksichtigt, so jedenfalls kam es mir vor – und ich ließ also die Lesung beim Mückenchef nachhallen, bei Bier und Kartoffelsalat und Senf, und seltsamen Gesprächen, die sich im Grunde darum kringelten, warum wer welchen Preis zu unrecht bekommt und was nur los ist mit dieser Literaturverwertungsgesellschaft alter Säcke, dass die auf lyrische junge Weiber, die nun wirklich nix können und auch so nix an sich haben, so abfahren, wie auf dieses blonde Ding da mit dem amerikanischen Namen, Gott wie war denn der bloß noch einmal, irgend etwas mit Ann könnte das sein? und Wanderungen dahin dorthin und wie es so ist mit dem Lektorieren von Texten und der Archäologie, denn das ist ja übrigens das weite Feld des Mannes aus Halle, das Ausgraben, Staub-bei-Seite-pinseln, Bewahren, sich mit dem Menschen auf dieser Ebene ins Verhältnis setzen und so, auf dem er sich erfolgreich bewegt, denn er vollführt einen Spagat zwischen Singen & Dichten und in Erdschichten eindringen.

Romannotizen – eins

Tagebuch

08082015 – Fahrt nach Wismar verschlafen. In Magdeburg geblieben. Nachbar sagt, er verkaufe bei der Hitze eiskalte Büchsencocktails im Areal am Hafenbecken gegenüber der Denkfabrik.

Pause am Hafenbecken mit MV. Irgendwie wirkt das Plätzchen im Schatten improvisiert und rasch hingezaubert. Zwei flache Platten zu unters für den einen großen, schön behauene, eckigen Stein hell mit bläulichem Grauton. Mattgrau gestrichener Anker hinter uns. Warum der leblose Platz dahinter, ein Parkplatz, der langsam von Gras und Distel zuzuwachsen beginnt, nun Charles de Gaulle heißen muss, erschließt sich einem nicht. Wir ruhen aus und genießen den Blick übers große Becken unter zwei hohen Pappeln. Weiter hinten wie gehört, findet dieses Festival unter der Bahnbrücke statt. Der Nachbar sorgt die drei tage lang wohl hier für Eiscocktails.

Richtung Oper – Vorbei an der Lady, die ihren linken Fuß wäscht und ein fröhlicher Fisch spritz im kleinen Bogen Wasser dazu. Oh weh, dieser armselige Opernplatz, von Straßenbahngleisen zerteilt, ungenutzter leerer Raum. Sie haben da ein paar Litfaßsäulen als Reklamepoller aufgestellt. Jammer, Jammer, die wirken wie Boxsäcke. ja, doch ja. Ich möchte sie auch umhauen.

Beim Haus der Familie oder am Familienhaus im Park erholt. Mit vielen großen Bäumen, einer Allee, und einzelne verstreute Gräber befinden sich dort. Manche unter Gestrüpp fast verborgen. Gleich zu Beginn fällt eines besonders ins Auge, eine Sphinx liegende, ein römischer Held, eine Dame unter dünnem Tuch.

Francke-Denkmal – Begegnung mit einer alten Dame, die achtzig ist und mit ihrem orange Kissen unterwegs, zu ihrem Sitzplatz. Gespräch darüber, dass sie reisen will, vor drei Jahren in Tunesien war, Sousse der Ort oder so. Nun muss es nur noch den Herren geben, der wie sie hier im Park mit dem Kissen einsam unterwegs und wie sie angeblich nicht auf der Suche? Dann wirds was mit den beiden, denke ich.

Einen Bierkasten haben sie so präpariert, dass er um die Stange eines Schildes passt. In ihn soll man für die Bedürftigen seine Pfandflaschen abstellen. Daneben zwei kleine, kniehohe Container für die Reste vom Grillen auf den Wiese drumherum.

In Sichtweite der russische Friedhof, Russenfriedhof genannt. Mit einem Gedenkstein in der Mitte, die typische Stele, nach oben zulaufend der Stern, die Schrift. Und dahinter das Tor, mit zwei Russensternen verziert, in einen Kreis gesetzt, von dem Strahlen ausgehen.

Alte große backsteinerne Fabriken, mit allen Zeichen des Zerfalls, von der Birke in der Dachrinne bis zu den Fenstern, die entseelt glaslos geschlagen worden sind. Kommen immer sofort romantische Gefühle auf, weil die Natur für den entsprechend märchenhaften Bewuchs sorgt, Knöterich wallen lässt und Gras hoch auswachsen kann.

Gegenüber Karstadt oder ähnlich eine quadratische Bühne aufgestellt, auf ihr ein Schlagzeuger, ein Bassist, ein Gitarrist, in Besitz einer blechernen Gitarre, westernlike. Meine Freundin kauft eine CD, ich lade sie auf ein Eis ein. Mango Schokolade ich, sie Mango genauso heißhungrig aber dann doch lieber Pistazien oder Joghurt.

SUNDENBURG – eine VerFÜHRUNG mit Nadja Gröschner

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Die Führerin kommt in Reifrock, weiß, dazu einen großen weißen Hut mit Knick und vorne einer roten Rose dekoriert. Sie hält ein Mikrophon in ihrer Hand, trägt einen kleinen smarten roten Sonnenschirm alter Prägung, schaut schon auch sehr damenhaft aus. Und wird mit Beifall begrüsst. Unter dem Rock sagt sie, ist es viel angenehmer als man denkt, sie müsse nur ein zwei Mal den Rock pendeln schon wedele sie sich genügend frische Unterrockluft zu.

 

MEIN ZIMMER im Sommer

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JUSTAMENT in Magdeburg gekauft, Jugendabteilung. Die Verkäuferin sagte: Ist mal was anderes. Haben wir nicht so oft. Und auch die Fotodrucktechnik sei besser geworden. Früher sah das alles nach Nischte aus, obba heite oder so? Dazu habe ich gleich auch im Doppelpack tiefweinrote Bezüge genommen. Tja, und nun habe ich das alles fein aufgezogen, für meine Sommergäste. Ich selbst schlafe weniger exklusiv (wie schon mehrfach ausprobiert und ganz manierlich ohne Schmerzen bewältigt) auf der schmalen Matratze gleich hinter der Eingangstür.

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Und freue mich auf die Ver-Führung durch die ortskundige Nadja, die wieder eingeladen hat, Magdeburger Regionen zu Fuß zu erkunden. Dieses Mal soll es am Abend unter ihrer sanften Leitung richtig nach Sudenhof hinein gehen. Das Sudenhofer Bier am Ende, wird uns munden.

Es ist sehr früh, aber das ist ja hier normal: Im Land der frühen Aufsteher, beginnt die Nacht am späten Nachmittag den Tag zuvor und hört um Mitternacht auf.

Heute beginne ich den Tag in Magdeburg mit Eric Burdon im TV = ARTE

ab 05 Uhr 15.

imagesBisher mein Lieblingssong des LIVE-Ereignis

STILL THE WINE:

Kipp den Wein um
An einem ziemlich heißen Sommertag schlenderte ich so durch die Gegend
Und dachte mir, ich leg mich jetzt ne Runde hin
In diesem großen Feld aus hohem Gras
Da lag ich in der Sonne und spürte sanft ihr Streicheln im Gesicht
Und ich schlief ein und träumte
Ich träumte, ich wär in einem Film aus Hollywood
Und ich war der Star in diesem Film
Das haute mich echt um, dass grade ich
Ein fetter Hüpfzwerg mit so langem Haar
Der Star in einem Hollywood-Film sein sollte
Aber hier war ich und wurde dann wohin gebracht, zum Saal der Bergkönige
Ich stand weit oben auf nem Gipfel, nackt vor der Welt
Vor den Augen Mädchen aller Art
Da waren lange, große, kurze, braune, schwarze, braune, dicke, verrückte…
Aus ihrer Mitte kam ne Lady
Sie flüsterte was Durchgeknalltes in mein Ohr
Sie sagte:
Kipp den Wein um, nimm den Schatz. Kipp den Wein um, nimm den Schatz.
Kipp den Wein um, nimm den Schatz. Kipp den Wein um, nimm den Schatz.
Ich dachte mir, das könnte jetzt bedeuten
Ich dreh durch
Oder war es nur ein Traum?
Jetzt wart mal
Ich weiß, ich liege irgendwo im Gras
Also is das alles nur im Kopf
Und dann hörte ich, wie sie es noch einmal sagte:
Kipp den Wein um, nimm den Schatz. Kipp den Wein um, nimm den Schatz.
Kipp den Wein um, nimm den Schatz. Kipp den Wein um, nimm den Schatz.
Ich spürte heiße Feuerflammen über meinen Rücken rollen
Als sie verschwand, aber bald schon wieder kam
In ihrer Hand‚ ne Flasche Wein, in der anderen ein leeres Glas
Sie schenkte etwas von dem Wein der Flasche in das Glas
Und hob’s an ihre Lippen
Und kurz bevor sie’s trank, da sagte sie:
Kipp den Wein um, nimm den Schatz. Kipp den Wein um, nimm den Schatz.
Kipp den Wein um, nimm den Schatz. Kipp den Wein um, nimm den Schatz.

Der Vorhang fiel soeben

Was war das für ein Gaudi, dieses 22. Olvenstedter Probespektakel im Innenhof des Forums Gestaltung. Allerdings, ein Manko muss Erwähnung finden: Am Ende waren dann die Buletten alle. Und wohl auch keine für die Schauspieltruppe aufgehoben? Wurden allen also die restlichen Gewürzgurken quasi als Ersatz für die Buletten angeboten, mit Brot und Senf, wie als wären sie Fleischbatzen und nicht die grünen Gartenfrüchte in einem Essigmix eingelegt und für den Genuss geweicht.

Und dann hatte der Mann, der in dem Stück den Regisseur gibt auch noch pünktlich ab Mitternacht seinen Geburtstag. Der wurde mit dem wirklich stimmungsvollem Absingen aller Umstehenden der Hymne Happy Birthday eingeleitet. Man küsste, drückte, halste und umarmte den Mann, reichte kleine Geschenke hin. Und schon spielte eine, nur vier Stunden zuvor zusammengewürfelte Improvisations-Band auf, spielte wunderschöne Lieder. Die Zuhörer saßen artig auf ihren Sitzen und lauschte andächtig. Nur meine Freundin, ich und die Schauspielerin gingen richtig mit. Wir jubelten, sagen mit, klatschten und waren kurz davor, zu tanzen. Aber hinter uns wurde schon geraunt, wir sollten leiser sein, das Konzert nicht stören.

Ja, und da war er dann wieder, dieser Magdeburger Ernst, den man hier an jeder Ampel erlebt, wenn wirklich kein Auto in Sicht ist und ich einfach über die Straße gehe. Ist rot, sagen sie mir. Kennst du keine Regeln, rufen sie mir nach. Und auch die Radfahrer sind so ernst hier, selbst wenn da Baustelle ist, ich gar nicht anders als auf ihrem Radweg stehen kann, husten sie mich an, ob ich blind wäre, nicht sehen würde, dass das ein Radweg sei?

Den Tag heute nix weiter getrieben, als etwas spazieren gegangen, Marktplatz, Mittag essen, Eisbein, Würzfleisch in Pastete, Mixbier mit Brause vermengt. Viel geschlafen, ausgeruht, gebooft würde man woanders sagen. Am Abend diese Brüllgidas bis aufs Klo gehört und mir wieder einmal gedacht, das ich die Demokratie nicht mag, wenn das normal ist. Und dass sie ausgerechnet den Montag der Bürgerrechtler von einst nehmen, genau die gleichen Sprüche rufen wie: Bürger lass das glotzen sein, komm herunter, reih´dich ein und so.

Etwas gelesen, Musik gehört, zu schreiben versucht. Und dann vielleicht ein Filmchen, etwas Lustiges und ab ins Bett, noch mehr Stunden Schlaf finden. Und bei der heutigen Hitze mussten die Leute im Forum Gestaltung die Stellagen, Gerüste, Stühle, Zelte, Scheinwerfen, Requisiten Aufbauten des Stückes abbauen, den Platz danach besenfertig übergeben. Wie bin ich froh, dass ich abhängen, faulenzen, Urlaub machen konnte. Einfach mal so, und auch nur für diesen einen Tag plus Nacht.

UND NUN FREUEN WIR UNS AUF ANDERE SACHEN WIE DIESE HIER:

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Eine andere Gedenkminute für BERT NEUMANN

Neumann wurde in Magdeburg geboren und wuchs in Ost-Berlin auf. Nach einem Bühnenbildstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee arbeitete er am Hans-Otto-Theater in Potsdam. 1990 war er Mitbegründer des Grafikbüros LSD in Berlin. Seit 1988 arbeiteten Neumann und Castorf zusammen.

Für seine Arbeit wurde Neumann unter anderem mit der Joseph-Kainz-Medaille der Stadt Wien und dem Theaterpreis Berlin ausgezeichnet. Mehrfach wurde er in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Theater heute zum Bühnenbildner des Jahres gekürt. Noch im April erhielt er für seine „stets neuen, radikalen Bühnenerfindungen“ den Hein-Heckroth-Bühnenbildpreis.

Der Bühnenbildner Bert Neumann ist tot. Er starb bereits am Donnerstag im Alter von 54 Jahren, wie eine Sprecherin der Berliner Volksbühne mitteilte. Neumann war vor allem für seine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem Theaterregisseur Frank Castorf berühmt. Zudem entwickelte er Bühnenbilder für Regisseure wie René Pollesch, Leander Haußmann und Johan Simons.

Mit teils mehrstöckigen Wohncontainern entwarf Neumann bewegliche Stadtlandschaften. Den Theaterzuschauern gewährte er so geschickt Einblicke in fremde Schlafzimmer und Wohnstuben. „Mir gefällt es, wenn sich die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum auflöst“, sagte Neumann einmal.

Zu den Höhepunkten in Neumanns Schaffen gehörte die Neustadt, die er für Castorfs Dostojewski-Inszenierung Der Idiot baute. Das Publikum saß im Hotel Romantic World mitten auf der Drehbühne. Rundherum war eine Stadt mit komplett eingerichteten Wohnhäusern, Supermarkt, Bordell, Friseur und Kneipe aufgebaut.

Das Leben hinter den Fassaden und Türen von Neumanns berühmten Bungalows ließ sich oft nur per Videoübertragung mitverfolgen – zum Beispiel in Castorfs bis zu sechsstündigen Dostojewski-Adaptionen Die Dämonen und Erniedrigte und Beleidigte. Manchmal gab es gar Video im Video: bei Castorfs Inszenierung von Ibsens Baumeister Solness flimmerte in Neumanns Wohnkulisse mit unzähligen Türen und Schubladen unentwegt eine TV-Krankenhaus-Serie über einen Mini-Bildschirm.

Zimmerflucht mit Porno-Filmset

Im Berliner Prater ließ Neumann leicht verändert das Londoner Globe Theatre nachbauen. Dort bot er den in einer geschlossenen Arena über drei Etagen verteilten Zuschauern einen ungewohnten Blick auf Shakespeares Rosenkriege 1-8. Für Polleschs Prater-Trilogie entwarf er eine Zimmerflucht inklusive Porno-Filmset.