Franko.folie – Fundstück in 13 Teilen

Vor über 200 Jahren ….   1. Teil der Erinnerungen einer Ur-Ur-Ur-Großmutter –

Der Frau Geheimen Justizrat Catharina Luise C a r o l i n e   K i e n i t z, geb.  R a n s l e b e n

Ich verheiratete mich am 12. Februar 1804. Mein Mann war damals Regierungsrath in Posen. Die Reise dorthin sollte mir schon einen kleinen Vorgeschmack geben, dass ich mich nach einem, damals wenigstens, noch etwas unwirtbaren Lande näherte, denn sie hatte mancherlei Beschwerden. – Wir gingen zunächst zu einem Onkel meines Mannes in der Gegend von Frankfurt nach dem Amte Trebasch und hatten die Absicht, 1 oder 2 Tage dort zu bleiben. Aber wir wurden gezwungen, 8 Tage da zu bleiben, denn es fiel eine solche Masse Schnee, dass kein Weg noch Steg zu finden war. Endlich konnten wir unsere Reise fortsetzen, aber wir waren mehrere Male in Gefahr umzuwerfen, und ich erinnere mich, dass mein Mann und der Bediente mich durch den Schnee zu einem Hügel tragen mussten, um dann mit Hilfe des Postillions den Wagen wieder in Bewegung zu bringen. Je näher wir Posen kamen, je schlechter wurden die Wirtshäuser und in dem einen  mussten wir eine schlechte Feldbettstelle und eine Gartenbank zusammensetzen, um für diese Nacht ein erträgliches Lager zu gewinnen. Posen liegt in einer flachen Gegend, wo die Natur gar nichts und die Kunst – wenigstens damals – weniger oder gar nichts getan hatte.

Ich war nie aus dem elterlichen Hause gewesen, habe mithin wenig Gelegenheit gehabt, mir Menschenkenntnis zu erwerben; ich war im Gegenteil verwöhnt, denn alles war mir immer freundlich entgegen gekommen. Daher kamen mir auch die meisten Menschen, welche ich hier zuerst kennen lernte, unerträglich vor, später habe ich wohl eingesehen, dass ich unrecht hatte. Später habe ich auch hier Freundlichkeit und Teilnahme gefunden, vorzüglich kann ich es nicht unterlassen, der Familie des damaligen Ober Acziserath Rothe zu erwähnen, wo ich so gütig aufgenommen wurde, dass die Erinnerung daran meinem dankbaren Herzen noch immer ein angenehmes Gefühl gewahrt. Auch konnte ich nicht unterlassen, den ersten Abend, welchen ich dort verlebte, mit Freudigkeit auszurufen: Ach, das war ein wahrhaft berlinscher Abend. Die freundliche Wirtin war so gütig, mir zu sagen, ich möchte mir doch oft solche Abende verschaffen. So lange ich in Posen blieb, ist die Familie sich immer gleich geblieben.

Von meinem ganzen Aufenthalt in Posen kann ich nur wenig sagen. Kartenspielen war dort damals fast das Einzige, wofür die meisten Männer Sinn hatten, und die einzige Unterhaltung in allen Gesellschaften, ich kannte damals kaum die Karten, auch war es nicht Sitte, dass die Frauen spielten, daher war ich am liebsten zu Haus. Wie sehr gewann aber mein häusliches Leben an Interesse, als mir der Himmel am 18. November 1805 mein erstes Kind, meine geliebte Luise schenkte. Von dieser Zeit bin ich in Posen fast gar nicht mehr ausgegangen, auch blieb ich nicht mehr lange dort. Schon vor der Geburt unseres Kindes hatte mein Vater meinem Mann geschrieben, dass er ihm eine Stelle in Warschau verschaffen könnte, wo er sich um vieles besser  als in Posen stehen würde. Man fürchtete damals einen Krieg mit Russland, ja das Militär, welches zu dieser Zeit in Posen stand, war sogar schon ausgerückt und hatte die Grenze besetzt. Mein Mann, welcher fürchtete, er könne Weib und Kind dem Kriegsschauplatze möglicherweise näher bringen, schlug daher die Versetzung aus. Im März 1806 schrieb mein Vater aufs Neue, die Stelle in Warschau sei noch unbesetzt und da während der Zeit ein Freundschaftsbündnis zwischen Russland und Preussen gestiftet war, so nahm mein Mann mit Freuden die Stelle in Wahrschau an. – Wie kurzsichtig ist doch der Mensch! Wer hätte damals denken sollen, nicht die Russen, sondern die Franzosen sollten uns aus Warschau vertreiben. –

(Fortsetzung folgt)

Trauer und Ungemach

Für die Kelten war die Taube ein Trauervogel, ihr Ruf ein Klageschrei. Die Taube ein Leichenvogel, dessen Schnabel dort hinzeigte, wo ein Verwandter oder Freund im Krieg gestorben war. Die Langobarden errichteten für einen Toten Pfeiler mit Holztauben an der Spitze, die mit dem Schnabel auf das Grab zeigten.

An der Außenmauer des Südfriedhofs legt die Stadtführerin eine Rose am Grab der 12-jährigen Johanne Duvigneau ab. Sie starb 1873 an Cholera und durfte deswegen nicht im Inneren des Friedhofs beerdigt werden. Und so liegt in Stein gehauen ein Mädchen unter einer Rose.

Das Mädchen entstammt einer ehrwürdigen Magdeburger Familie, deren Vorfahren reformierten Glaubens aus Südfrankreich geflohen waren. Von den Bäumen her blicken scheu zwei Ringeltauben – sind über sommers nur in Magdeburg, im Herbst fliegen sie nach Frankreich zurück, wo sie überwintern.

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Diese sagenhafte Abwesenheit von Empathie nennt die Kolumnistin Mely Kiyak vom  Berliner Maxim Gorki Theater die Einstellung unserer Bevölkerung und Politiker zu den Flüchtlingen heute.